20. November 2014

„Ich wollte einfach einen coolen Roboter haben“: Daniel Kocyba von Zoobotics im Interview

Unermüdlich hebt ZURI eins seiner vier Beine nach dem anderen und dreht sich im Kreis. Der weiße, insektenartige Roboter lockt viele Neugierige auf der Make Munich 2014 an den Stand von Zoobotics.

Daniel Kocyba, Wilhelm von Bodelschwingh, ZURI, Zoobotics Daniel Kocyba (links) und Wilhelm von Bodelschwingh (rechts) von Zoobotics präsentieren ihren Roboter ZURI

Was unterscheidet die Firma von anderen Roboter-Startups? Ganz einfach: Ihre Modelle bestehen aus Papier und Graupappe. Sie zeigen damit eine innovative Möglichkeit auf, wie man Roboterbausätze einfacher verarbeiten und leichter und günstiger gestalten kann. Das junge Unternehmen nutzt die Bastler-Messe, um seine Prototypen vorzustellen. ZURI ist das Herzstück: mal mit länglichem Korpus und sechs Beinen, mal in kleinerer Ausführung mit vier Beinen. Eine Variante aus Kunststoff gibt es auch. Das Team von Roboterwelt.de hat Daniel Kocyba, Produktdesigner und Mitgründer von Zoobotics, zu seinen Hintergründen und Plänen befragt.

ZURI Zoobotics ZURI in groß aus Papier und Pappe mit sechs Beinen und in klein aus Kunststoff mit vier Beinen.

ZURI in klein aus Papier und Pappe mit vier Beinen. ZURI in klein aus Papier und Pappe mit vier Beinen.

Roboterwelt.de: Entspricht das, was ihr hier auf der Make Munich präsentiert, der Produktpalette, die ihr für die Zukunft plant?

Daniel Kocyba: Ja, das sind die drei Grundversionen. Aber man kann natürlich den Kleinen auch mit sechs Beinen betreiben oder den Großen nur mit vier. Auf unserer Webseite kann man sehen, dass es ganz viele Varianten gibt. Je nachdem ist dann auch der Anspruch an die Programmierung höher oder niedriger. Wenn man einen Roboter mit vier Beinen programmiert, ist das natürlich einfacher als so einen Großen mit sechs Beinen.

Roboterwelt.de: Kann man die Teile auch einzeln kaufen?

Daniel Kocyba: Noch nicht, aber das ist natürlich in Planung.

Roboterwelt.de: Habt ihr schon einen Termin, wann eure Produkte erhältlich sein werden?

Daniel Kocyba: Wir haben eigentlich gedacht, dass das bis zum Ende des Jahres klappt, aber das wird ein bisschen schwierig. Das wird wahrscheinlich noch ein bisschen dauern. Wir bauen jetzt noch zwei neue Prototypen, weil wir noch bessere Servos gefunden haben. Wir hoffen da auf noch bessere Qualität und danach wollen wir mal sehen, wie es weitergeht.

Roboterwelt.de: Ihr plant auch eine Crowdfunding-Kampagne, habt ihr angekündigt.

Daniel Kocyba: Das wollen wir, genau. Das wird definitiv nächstes Jahr geschehen. Es ist schon so, dass wir versuchen, das zeitnah hinzukriegen, aber wir sind gerade umgezogen, sowohl mit dem Office als auch privat, deswegen ist es im Moment ein bisschen viel.

Roboterwelt.de: Habt ihr schon eine Vorstellung von den Preisen?

Daniel Kocyba: Wir wollen erst einmal abwarten, wie das mit den neuen Servos klappt, weil die ein bisschen teurer sind. Eigentlich haben wir einen Preis zwischen 300 und 400 Euro für die Bausätze anvisiert. Die Elektronik ist eben leider teuer. Die Pappe und das Papier nicht. Aber es gehört ja zum Konzept, dass, wenn man unsere Produkte für ein Schulprojekt nutzt, man die ganze Elektronik nur einmal kaufen muss und dann das Projekt jedes Jahr wiederholen kann. Dann braucht man nur neue Pappe und Papier und das ist eben günstig.

Roboterwelt.de: Das ist ja eine gute Idee, dass ihr eine Art Standard-Kit habt und jedes Jahr neue Papiere herausbringt.

Daniel Kocyba: Ja, denn das ist natürlich wesentlich günstiger. So könnt man jedes Jahr diesen Prozess – mit dem Material umgehen, falten, den Modellbau und das Programmieren – neu machen, wenn man die Elektronik einmal hat.

Roboterwelt.de: Benutzt ihr Pappe oder Papier?

Daniel Kocyba: Das meiste ist 200-Gramm-Papier, das muss ausgeschnitten und gefaltet werden. An den Gelenken stecken Pappen, da Papier das Gewicht nicht aushalten würde. Am Anfang habe ich es ausschließlich mit Papier versucht, aber ich habe nach ein paar Prototypen schnell gemerkt, dass das nicht wirklich machbar ist. Die Belastung ist zu groß. Das Ganze wiegt etwa anderthalb Kilo und wenn dann noch eine Batterie darunter kommt…

Roboterwelt.de: Und wie seid ihr auf die Idee gekommen, Papier und Pappe zu nehmen? Hatte das nur preisliche Gründe?

Daniel Kocyba: Nein. Wir haben zusammen an einem anderen Roboterprojekt gearbeitet, da mussten wir Metall bearbeiten, was wesentlich komplexer und teurer ist. Danach habe ich mich an den Tisch gesetzt und überlegt: Irgendwie muss man das so machen können, dass man es am Schreibtisch zusammenbauen kann und keine Werkstatt braucht. Wir haben Design studiert und dort macht man sehr viel mit Papier, deswegen war das naheliegend. Und dann hab ich losgelegt, herumkonstruiert und geschaut: Wie weit kommt man damit eigentlich? Und dann ist das dabei herausgekommen (lacht). Dieser ganze Prozess hat drei Jahre gedauert, denn wir haben auch noch richtige Jobs.

Roboterwelt.de: Zoobotics ist also ein Projekt nebenbei?

Daniel Kocyba: Genau, so fing es an und jetzt ist es immer größer geworden. Mal sehen, wo die Reise hingeht.

Roboterwelt.de: Wollt ihr das Unternehmen ausbauen?

Daniel Kocyba: Ja. Am Anfang haben wir nicht in erster Linie daran gedacht, etwas zu verkaufen. Bei diesem Projekt gibt es mir eher darum, einen coolen Roboter zu bauen, weil ich einfach einen haben wollte (lacht). Da gibt es keine große Erklärung, das ist einfach so gewesen. Dann kam natürlich schnell der Gedanke, dass man daran super ein Schulprojekt aufziehen könnte. Dafür musste es natürlich modular sein, um verschiedene Schwierigkeitsgrade anbieten zu können. So kam eins zum anderen.

Roboterwelt.de: Habt ihr Investoren?

Daniel Kocyba: Im Moment ist das alles aus eigener Tasche finanziert.

Roboterwelt.de: In welchem Rahmen bewegen sich eure Kosten?

Daniel Kocyba: Wie gesagt, Papier ist nicht so teuer, die Servos schon. Und die Zeit kann man gar nicht aufrechnen. An reinen Materialkosten waren das etwa 6000 Euro bisher, würde ich sagen. Inklusive der Hin- und Herfahrten, weil wir nicht alle in derselben Stadt wohnen, sondern in Kiel, Hamburg und Berlin. 6000 Euro hört sich nicht viel an, aber die Arbeitszeit ist dabei nicht berücksichtigt.
Leider sind die Servos teuer, denn wenn einer 30 Euro kostet und man zwölf Stück pro Roboter braucht, geht das schnell ins Geld. Wir haben es auch mit günstigeren Servos probiert. Ich habe oft gehört, dass man sich in China Servos für zwei Euro bestellen kann. Natürlich geht das, aber die Laufqualität ist dementsprechend schlechter. Wenn die Getriebe nach zwei Metern zerbrechen, macht das auch keinen Spaß. Ich bin ein Freund von Qualität. Deshalb sind hier gute Metallgetriebe eingebaut und die halten auch was aus, denn das müssen sie auch.

Roboterwelt.de: Seid ihr mit Firmen wegen Sonderkonditionen im Gespräch?

Daniel Kocyba: Wir sind gerade mit ein, zwei Firmen in Kontakt. Dort bekommen wir ein bisschen Rabatt, um die Prototypen weiterzuentwickeln. Allerdings haben wir noch keine Hochrechnung, wie teuer der Roboter am Ende wirklich wird, weil wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig entschieden haben, welche Servos wir genau nehmen. Die, die wir jetzt benutzen, sind gut, aber es könnte besser gehen. Auch ein paar Details in der Konstruktion werden sich noch zum Positiven ändern. Wir wollen nach den nächsten zwei Prototypen entscheiden, welche Route wir einschlagen und dann wird auch ein Preis sehr schnell kalkulierbar sein und wir können weitere Gespräche mit den Firmen führen. Das wird noch gute sechs Wochen dauern. Wir müssen auch noch ein paar Tests machen.

Roboterwelt.de: Was muss man beim Zusammenbauen beachten?

Daniel Kocyba: Da muss man sehr vorsichtig sein, denn Papier wird schnell dreckig. Ich habe immer mir zwischendurch die Hände gewaschen. Es ist unglaublich, wie weißes Papier Dreck anzieht. Wir arbeiten auch gerade an einer Bauanleitung.

Papiervorlagen für ZURI von Zoobotics Die Vorlagen für den Modellbau müssen präzise ausgeschnitten werden.

Roboterwelt.de: Der Prototyp aus Kunststoff ist vermutlich deutlich schwerer, oder?

Daniel Kocyba: Ja. Dafür haben wir auch stärkere Servos. Denn da er aus Kunststoff ist, wollen wir, dass er auch ein bisschen was heben kann. Der basiert auf einer Platte. Das könnte aber genauso gut Holz sein. Die Konzepte für die beiden Modelle sind unterschiedlich, denn der aus Papier ist schneller zusammenzubauen, aber der aus Kunststoff ist robuster und könnte theoretisch auch nass werden.

ZURI von Zoobotics aus Kunststoff. Den ZURI gibt es auch in einer stabileren Version aus Kunststoff.

Roboterwelt.de: Was ist die Zielgruppe von Zoobotics?

Daniel Kocyba: Schüler ab 14 Jahren und Studenten. Man muss natürlich die nötige Ruhe mitbringen. Das Aufbauen dauert, wenn man geübt ist, etwa 15 Stunden. Es ist nicht schwer, aber Geduld ist unbedingt notwendig. Es ist eben echter Modellbau.

Roboterwelt.de: Ist das einfacher oder schwerer als das Arbeiten mit LEGO Mindstorms?

Daniel Kocyba: Bei LEGO Mindstorms muss man ja nur zusammenstecken. Hier geht es um Schneiden, Falten, Kleben, Warten. Von der Komplexität her ist es ähnlich, aber es dauert länger.

Roboterwelt.de: Geht es also mehr um den Prozess des Zusammenbauens und weniger um einen konkreten Zweck, den der Roboter später erfüllt?

Daniel Kocyba: Es geht nicht darum, dass man das zusammensteckt und loslaufen lässt. Das wäre ja langweilig. Es geht um dieses Basteln und Programmieren. Am Ende lernt man dann auch, unterschiedliche Laufrhythmen zu generieren. Es gibt ja viele mögliche Arten, wie ZURI sich bewegen kann.

Roboterwelt.de: Werdet ihr Programmierhilfen zum Download anbieten?

Daniel Kocyba: Ja, das wird auf jeden Fall Open Source sein. Wir haben ja auch auf Open Source-Quellen zurückgegriffen. Das ist ein essentieller Teil dieses Projekts.

Roboterwelt.de: Was habt ihr noch für Pläne?

Daniel Kocyba: Wir planen ein eigenes Motherboard auf Arduino-Basis. Es ist ein großer Wunsch, das selbst zu machen. Wir haben unterschiedliche Boards ausprobiert und für unsere Zwecke hatten wir ein paar Probleme, was den Speicher und die Stromversorgung betrifft. Da haben wir am Anfang gar nicht drüber nachgedacht – mir ging es, ehrlich gesagt, mehr um das Design und die Konstruktion als um den ganzen Prozess. Ich kann nicht programmieren. Ich habe es trotzdem gemacht, als ich gesehen habe, dass es da im Internet super Vorlagen gibt.

Roboterwelt.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Britta-Zachau-Daniel-Kocyba-Wilhelm-Bodelschwingh-Zoobotics Britta Zachau von Roboterwelt trifft Daniel Kocyba und Wilhelm Bodelschwingh von Zoobotics auf der Make Munich