23. Juli 2015

Ecovacs – iRobot des Fernen Ostens

In China längst Marktführer, trifft man auch in deutschen Haushalten immer häufiger auf Roboter der Firma Ecovacs. Getreu dem Firmenmotto „Live Smart. Enjoy Life.“ sollen auch die hiesigen Hausfrauen und -männer von Robotertechnologie des ambitionierten Unternehmens profitieren. Wir sprachen mit Harald Köhler, Geschäftsführer von Ecovacs Europe, über die Stärken und Schwächen von Saugrobotern, die aktuelle Marktsituation und Perspektiven der Haushaltsrobotik.

Harald Köhler von Ecovacs und Sebstian Scholtysek von roboterwelt.de

Unser Reporter Sebastian Scholtysek (rechts) traf den Geschäftsführer von Ecovacs Europe Harald Köhler (links) für ein Interview in der Europazentrale des chinesischen Unternehmens in Düsseldorf . © Roboterwelt.de

Sebastian Scholtysek: Herr Köhler, Ist bei Ihnen zu Hause ein Saugroboter im Einsatz?

Harald Köhler: Ja, ich habe zwei Staubsaugroboter: Den Deebot D35 und den Deebot D79. Der D35 kommt immer dann zum Einsatz, wenn es schnell gehen muss. Da er sehr flach und leicht ist, kann man ihn schnell überall hintragen. Außerdem gelangt er mühelos unter fast alle Möbel. Den Deebot D79 setze ich da ein, wo das größte Schmutzaufkommen ist, also im Erdgeschoss, im Wohnzimmer und im Flur.

Sebastian Scholtysek: Was sind die Vorteile eines Staubsaugroboters gegenüber einem herkömmlichen Sauger?

Harald Köhler: Das Prinzip eines Stausaugroboters und der Haushaltsrobotik im Allgemeinen beruht auf der Idee der stetigen Wiederholung. Natürlich besitzt ein Staubsaugroboter nicht die Saugleistung eines konventionellen Staubsaugers.  Wenn man mit einem 1800-Watt-Staubsauger den Boden saugt, dann kann man von einem reinlichen Ergebnis ausgehen. Man muss sich aber die Frage stellen, wie lange das Ergebnis anhält. Der Roboterstaubsauger kommt an diese Reinheit natürlich nicht heran, aber er erreicht ein Sauberkeitsniveau von vielleicht 90 bis 95 Prozent. Da der Roboter jeden Tag automatisch seine Arbeit verrichtet, hält er dieses Niveau über einen längeren Zeitraum. Und so habe ich jeden Tag ein zwar nicht perfektes, aber sehr gutes Ergebnis. Für diejenigen Kunden, die eine hundertprozentige Reinheit wünschen, sind Saugroboter nicht geeignet. Ausgenommen von diesen Perfektionisten sind Saugroboter aber eine große Hilfe für das tägliche Reinigungsgeschäft.

Sebastian Scholtysek: Ein Kritikpunkt an Staubsaugrobotern ist, dass sie oftmals Schwierigkeiten mit dem Saugen von Ecken und Kanten haben. Arbeitet Ecovacs daran, diese Schwäche zu beheben?

Harald Köhler: Das Problem mit der Reinigung von Ecken und Kanten ist ein generelleres: In jedem Haus gibt es Flächen, die von keinem Roboter erreicht werden können, weil diese durch Möbel und andere Gegenstände blockiert sind. Sie können natürlich ihr Heim so einrichten, dass es der Roboter schafft, in alle Ecken zu gelangen. In der Realität ist das aber nicht umzusetzen. Denn niemand hat so viel Platz im Haus, um beispielsweise sein Sofa so zu platzieren, dass der Roboter um dieses herumfahren kann. Auch mit Fußleisten haben die Saugroboter Schwierigkeiten. Im Grunde genommen müsste man einen extra Roboter für das Saugen von Fußleisten erfinden. Das ginge aber wohl über das Ziel hinaus. Und da die Eckenreinigung eben nur ein Fragment dieser Problematik ist, arbeiten wir nicht speziell daran.

Ecovacs Deebot D35

Solide Saugleistung zum kleinen Preis: Der Deebot D35 ist eines der beliebtesten Saugrobotermodelle von Ecovacs. © Ecovacs

Sebastian Scholtysek: An welchen Weiterentwicklungen im Bereich der Staubsaugrobotik arbeitet Ecovacs derzeit?

Harald Köhler: Auf dem Markt wächst die Nachfrage nach Robotern, die nicht nach dem Chaosprinzip saugen, sondern eine geplanten Route abfahren. Auch wir arbeiten an neuen Möglichkeiten, mit denen die Navigation von Saugrobotern verbessert werden kann. Ich persönlich finde das Chaosprinzip nicht per se schlecht. Denn Roboter, die nach diesem Prinzip saugen, überfahren mehr oder weniger ungewollt einige Punkte mehrmals und saugen so in der Regel gründlicher.

Sebastian Scholtysek: Ihr Konkurrent Dyson will in Kürze den 360 Eye auf den Markt bringen, dessen Saugleistung an die konventioneller Staubsauger herankommen soll. Wird Ecovacs nachziehen und einen vergleichbaren Roboter entwickeln?

Harald Köhler: Das Konzept des Dyson 360 Eye scheint nicht ganz so einfach umzusetzen zu sein. Seine Markteinführung ist mittlerweile verschoben worden. Generell ist es eine sehr gute Idee, einen Saugroboter mit Raupenketten und der Saugkraft eines konventionellen Staubsaugers auszustatten. Das Problem sehe ich darin, dass es derzeit keinen adäquaten Akku für diese Ansprüche gibt.  Wer schon mal mit einem Akkuhandsauger sein Auto abgesaugt hat, kennt das Problem der rasch abnehmenden Saugleistung. Deswegen habe ich Zweifel, ob Dyson tatsächlich das Versprechen einhalten kann, einen Saugroboter herzustellen, der es in puncto Saugkraft mit konventionellen Saugern aufnehmen kann. Wenn sie es schaffen sollten, wäre dies aber eine tolle Innovation und ein Schritt vorwärts für alle Hersteller. In diesem Fall betrachte ich die Firma Dyson nicht als unsere Konkurrenz, sondern eher als Mitbewerber. Unsere Branche steckt noch in den Kinderschuhen und jede Innovation bringt den ganzen Markt nach vorne und hilft allen Herstellern. Sollte das Projekt Dyson 360 Eye gelingen,  wird es Saugroboter grundsätzlich für Abnehmer interessanter machen. Das wäre auch zu unserem Vorteil. Allerdings habe ich da meine Zweifel.

Sebastian Scholtysek: Gibt es einen alternativen Weg, die Gründlichkeit von Saugrobotern zu verbessern?

Harald Köhler: Wir sehen diese Möglichkeit in der Kombination von mehreren Techniken. Traditionell haben Staubsaugroboter eine Hauptbürste, eine oder mehrere Seitenkehrbürsten sowie einen Vakuummotor. Wir entwickeln Roboter (Anm. d. Red.: Deebot D45 und Deebot D83), an die man optional ein Trockenwischtücher befestigen kann und mit denen man speziell Hartböden noch gründlicher reinigen kann. In Kürze werden wir zudem einen Saugroboter mit einem Feuchtwischtuch (Anm. Red.: Der Deebot DM85 wird erstmalig auf der IFA 2015 in Berlin vorgestellt) auf den Markt bringen, wobei die Wischflüssigkeit automatisch nachgeführt wird und so verhindert wird, dass das Wischtuch austrocknet. Außerdem arbeiten wir an einem verbesserten Bürstensystem, bei dem durch einen besseren Kontakt zum Boden noch mehr Schmutz aufgenommen werden kann. Der entscheidende Faktor beim Staubsaugen mit einem Saugroboter ist auch nicht unbedingt die Saugkraft, sondern, dass die Bürste – ähnlich wie bei den guten alten Klopfsaugern – auf der Faser bürstet. Wenn man beispielsweise im Winter mit nassen Schuhen auf einen Teppich geht, wird der Schmutz förmlich in die Fasern hineingetreten. Wie stark ein Motor auch sein mag, eingetretenen Schmutz kann man nur mit einem effektiven Bürstensystem entfernen.

Sebastian Scholtysek: Im Kernland China ist Ecovacs bereits Marktführer. Welche Position strebt das Unternehmen auf dem europäischen Markt an?

Harald Köhler: Wir verstehen uns als das iRobot des Fernen Ostens und haben den Anspruch, den größtmöglichen Anteil vom Markt zu sichern. Im Moment sind wir darum bemüht, uns in Europa und Deutschland als Marke zu etablieren. Da China ein immens großer Markt ist, haben wir uns sehr spät internationalisiert. Unsere Europazentrale in Düsseldorf gibt es dementsprechend erst seit 2012. Zuvor ist das Geschäft ausschließlich über Importeure gelaufen, wobei diese ja nicht immer die Markeninteressen des Hauptunternehmens vertreten. Firmen wie Marktführer iRobot haben deswegen einen Vorsprung von rund zehn Jahren auf dem europäischen Markt. Für uns gilt es, diesen Rückstand aufzuholen. Zunächst müssen wir uns einmal bekannt machen, um dann unser langfristiges Ziel zu erreichen: Eine Alternative für den Endkunden zu iRobot oder Samsung darzustellen.

Sebastian Scholtysek: Für welche anderen Anwendungsbereiche plant Ecovacs in Zukunft Roboter auf den Markt zu bringen?

Harald Köhler: Neben Staubsaugrobotern bieten wir auch eine Reihe von Fensterputzrobotern an wie den Winbot 8 oder dessen Nachfolger, den Winbot 9. Außerdem führen wir einen mobilen Luftreinigungsroboter im Sortiment, den wir vor allem auf dem asiatischen Markt vertreiben. Genauso wie den FamiBot, der eine Mischung aus Kommunikations-, Überwachungs- und Entertainmentroboter ist. Da die gesetzlichen Regelungen zur Datensicherheit in Europa deutlich strenger als in Asien sind, haben wir uns vorerst gegen eine Einführung auf dem europäischen Markt entschieden. Darüber hinaus haben wir einen Roboter speziell für die Reinigung von Photovoltaikanlagen entwickelt. Zuletzt wurde unsere Produktpalette um den Shopassistenzroboter „Benebot“ erweitert. Dieser kann als Ansprechpartner in einem Geschäft eingesetzt werden und wird dabei von einem Call-Center-Agent gesteuert, der über das Internet mit dem Roboter verbunden ist und mit dem Kunden direkt kommunizieren kann.

Sebastian Scholtysek:  Wieso sollte man sich für einen Roboter von Ecovacs entscheiden?

Harald Köhler: Wir geben dem Kunden mit unseren Robotern einen Nutzmehrwert. Und obwohl wir uns preislich zumeist unter dem Niveau der Konkurrenz bewegen, sind unsere Produkte besonders innovativ. Natürlich haben auch wir ein gewisses Portfolio an „Allerwelts“-Roboterstaubsaugern, aber im oberen und unteren Preisbereich sind wir unsere Produkte mit einem Zusatznutzen auszustatten, den die Produkte unserer Mitanbieter nicht haben. Beispielsweise  ist unser Deebot D35 der einzige Saugroboter seiner Niedrigpreisklasse, der derart flach ist, Infrarotsensoren besitzt und automatisch zur Ladestation zurückfährt. Im oberen Preisbereich bestechen wir durch Innovation und technische Eigenschaften, die Produkte anderer Firmen nicht vorweisen können. Kurz gesagt: Wir versuchen dem Kunden einen sehr guten Mix aus niedrigem Preis, zuverlässiger Technik und Innovation zu bieten.

Sebastian Scholtysek: Vielen Dank für das Interview.