14. April 2015

Ein Spaziergang über die RobotChallenge in Wien

Die RobotChallenge fand am vergangenen Wochenende (11. & 12. April) bereits zum 12. Mal in Wien statt und beeindruckte nicht nur mit dem international breit gefächerten Teilnehmerfeld. Großartige Roboter, eine stimmungsgeladene Atmosphäre und wunderschöne Räumlichkeiten haben zu dem ganz eigenen Charakter dieses Wettbewerbs beigetragen.

Wow.

Mehr fällt mir zunächst nicht ein, wenn ich versuche, meinen ersten Eindruck von der RobotChallenge in Wien in einem Wort auszudrücken. Dabei sind es tatsächlich nicht einmal die vielen Menschen oder Roboter, die mich zu dieser Einschätzung führen, obwohl diese durchaus nicht minder beeindruckend waren. Viel interessanter sind die vermeintlichen Gegensätze, über die ich wortwörtlich mehrfach beinahe gestolpert bin: überraschend viele der Teilnehmer sind kleine Kinder bzw. Mädchen und junge Frauen, die in den Gängen sitzen und begeistert an Robotern basteln oder damit aufgeregt durch die Gänge brausen, um den nächsten Wettkampf nicht zu verpassen.

Ich spreche jetzt nur für mich, aber mit beidem habe ich nicht gerechnet. Zugegebenermaßen bin ich mit dem Gedanken an eine überwiegend durch Jungs in der Pubertät und älter dominierte Veranstaltung ins Rennen gegangen. Vorurteil voraus.

Aber zurück zum Anfang. Die Aula der Wissenschaften ist ein beeindruckendes Gebäude. Etwas versteckt (ich zumindest bin einmal daran vorbei gelaufen), da in die Straße eingerückt, aber der breite Treppenaufgang und die großen Fensterfronten im Erdgeschoss machen einen imposanten ersten Eindruck. Die Begrüßung und Orientierungshilfe durch die Security-Mitarbeiter am Eingang ist überaus freundlich, ich werde beide im Laufe des Tages noch mehrmals mit guten und weniger guten Fragen bemühen.

Die Aula der Wissenschaften Die Aula der Wissenschaften ©Roboterwelt

Im Erdgeschoss befindet sich der Check-In-Schalter für die Teilnehmer, die sich mit Kisten, Boxen, Technik und Groupies schon davor stapeln. Ich dagegen bin hier scheinbar falsch, die Presseregistrierung ist laut Aussage des Check-In-Helfers wohl eher im zweiten Stock, so genau weiß er es aber auch nicht. Das ist aber eine gute Gelegenheit, mich gleich weiter umzusehen. Bevor es also nach oben geht (jede Menge Treppen!) kann ich mir schon einmal den Ausstellungsbereich für die sogenannten Freestyle-Roboter anschauen, d.h. Projekte, deren Roboter außerhalb der eigentlichen Wettkämpfe den ganzen Tag in einer gesonderten Exhibition präsentiert und später ausgezeichnet werden. Gewonnen hat in dieser Kategorie am Ende übrigens ein funkgesteuerter kartographischer Roboter mit HMI aus Österreich.

Viele, viele Stufen später eröffnet sich im zweiten Stock der Wettbewerbsbereich. Dabei handelt es sich um einen wirklich großen Saal (das Wort Raum trifft es einfach nicht mehr), der laut Internetseite der Aula der Wissenschaften mit 800 m² Fläche und einer von mir geschätzten Deckenhöhe von 8 bis 10 Metern daher kommt. Von dem beeindruckenden Deckenfresko wird der erstaunte Besucher gleich nach Betreten des Saals noch mehr erstaunt.

Da der offizielle Beginn der Wettkämpfe für 10:30 Uhr angesetzt ist und bis dahin noch eine Stunde ins Land gehen muss, ist es nicht weiter überraschend, dass sich die Zahl der anwesenden Personen als noch überschaubar erweist. Die meisten von ihnen tummeln sich rund um den Infostand, an dem T-Shirts verkauft, technische Dinge geklärt oder Anmeldungen zur Pressekonferenz durchgeführt werden. Verteilt im Saal befinden sich dagegen die Kampfarenen: Es gibt Sumo-Ringe für Nano Sumo (Roboter mit maximal 25 Gramm Gewicht!), Micro Sumo, Mini Sumo und Mega Sumo sowie einen Bereich für Line Follow und natürlich den durch Netze gesicherten Air Race-Bereich, in dem Drohnen anhand ihrer Bewältigung bestimmter Flugformationen gegeneinander antreten. Die Schiedsrichter sind bereits vor Ort und kümmern sich um die letzten Vorbereitungen.

Sumo-Arenen und der Air Race-Bereich Die auf Tischen montierten Sumo-Ringe mit dem Air Race-Bereich im Hintergrund ©Roboterwelt

Als der Start der ersten Wettkampfrunden näher rückt, vermisse ich ein wenig die Aufmerksamkeit für den Zuschauer. Es gibt weder eine Ankündigung der bevorstehenden Austragungen, noch verlaufen diese im Sumo-Bereich simultan wie auf dem Zeitplan angekündigt. Es gleicht anfangs mehr einem Zufall, die Augen genau auf die Arena gerichtet zu haben, in der gerade ein Sumo-Kampf stattfindet. Nichtsdestotrotz bin ich erst einmal schwer begeistert von dem, was ich zu sehen bekomme. Die jeweiligen Konzepte sind ganz simpel, aber die Technik ist überaus bemerkenswert: Beim Sumo werden zwei Roboter im Ring platziert, der Schiedsrichter löst ein Startsignal aus und beide gehen aufeinander los bis einer aus dem Ring fällt.

Die Line Follower tun, was ihr Name bereits verrät, sie verfolgen eine Rennstrecke in Form einer geschlossenen Linie und versuchen dabei, die schnellste Runde zu fahren. Hierbei sind weniger die Strecke und das Fahren interessant (abgesehen von den wesentlich cooleren Gefährten ist eine Ähnlichkeit zur Carrera-Bahn leider nicht zu leugnen), sondern vielmehr das Beobachten der einzelnen Wettkämpfer. Sie stehen alle ordentlich aufgereiht an, halten ihr Roboterfahrzeug fest in den Händen und recken und strecken sich, um zu sehen wie ihre Kontrahenten vor ihnen abschneiden. Es ist sehr viel Begeisterung und freudige Ungeduld zu erkennen, was mir persönlich sehr gut gefällt, weil es nicht den Wettkampf in den Vordergrund stellt, sondern den Spaß, dabei zu sein. Außerdem sind gerade bei den Line Followern viele Kinder vertreten.

Eine kleine Gruppe chinesischer Mädchen und Jungen in übereinstimmenden Team-Trainingsjacken ist ganz besonders aufgeregt und neugierig.

Das chinesische Team in der Kategorie Line Follow Das chinesische Team in der Kategorie Line Follow ©Roboterwelt

Beim Air Race wird es spannend. Ich habe bisher noch keine Drohne wirklich aus der Nähe gesehen, jetzt kann ich sie mir in aller Ruhe ganz genau anschauen. Recht geräuschvoll und zuweilen durchaus etwas unbeholfen (ich habe im Laufe des Tages nur zwei Drohnen beobachtet, wer weiß also wie flink und geschickt sich der Rest präsentiert hat) gleiten die Drohnen zwischen zwei Stangen in einer Acht-Formation hindurch. Die Zuschauermenge kommt und geht, das richtige Rennen beginnt aber auch erst gegen 12 Uhr. Im Moment findet noch die technische Abnahme der Fluggeräte statt.

Es ist jetzt kurz vor 11 Uhr, d.h. ich muss langsam zur Pressekonferenz. Im Anschluss gibt es noch einen Rundgang mit Dr. Roland Stelzer von der Österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC) und Staatssekretär Dr. Harald Mahrer vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, der sich an diesem Tag für einen Besuch angekündigt hat. Der Presseraum ist kleiner als erwartet, ich möchte fast sagen kuschelig, aber wir sind auch nur wenige Presseleute. Neben meiner Person sind noch der ORF, ein Team aus Mexiko und ein paar Einzelpersonen anwesend. Wir werden von Dr. Mahrer alle freundlich mit einem persönlichen Handschlag begrüßt, als er und Dr. Stelzer den Raum betreten, und dann geht es auch schon los. Im Wesentlichen erfahren wir, dass sich die RobotChallenge vor allem durch die Koexistenz von Kampfgeist und gemeinsamer Leidenschaft auszeichnet, wodurch sich trotz Konkurrenz eine sehr freundschaftliche Atmosphäre entwickelt hat. Dr. Mahrer betont zugleich aber auch die Chancen einer solchen Veranstaltung für Österreich, schließlich werde in diesem Rahmen ein öffentliches Forum bereitgestellt, das den Kontakt mit dieser Art der Technologie für jedermann ermöglicht. Da gemessen an der vergleichsweise geringen Teilnehmerzahl österreichischer Teams ein offensichtlicher Nachholbedarf bestehe, könne die RobotChallenge eine Ausrichtung auf diese Szene und deren Unterstützung hervorragend fördern.

Pressekonferenz mit Dr. Mahrer und Dr. Stelzer Dr. Harald Mahrer (links) und Dr. Roland Stelzer (rechts) bei der Pressekonferenz ©Roboterwelt

Die anschließende Führung durch die gesamten Räumlichkeiten beinhaltet neben jeder Menge Bildmaterial auch einen Einblick in die Team-Bereiche, die von Nicht-Teilnehmern eigentlich nicht betreten werden dürfen. In zum Teil gewölbeartigen Sälen sitzen hier hunderte Wettbewerber in Gruppen, an Tischen, auf dem Boden oder an die Wände gelehnt und werkeln oder programmieren konzentriert vor sich hin. Entweder sind es letzte Anpassungen vor dem Wettkampf, Reparaturen in den Pausen oder andere notwendige Basteleien, ich kann nur raten, aber das Teilnehmerfeld scheint trotz Fokus recht entspannt zu sein.

Team-Bereich der RobotChallenge Einer der zwei großen Team-Bereiche ©Roboterwelt

Nach dem Rundgang erwartet mich ein sehr angenehmes Interview mit Dr. Stelzer, der offen und sichtlich stolz meine Fragen zur RobotChallenge beantwortet. Ich bin eigentlich auch noch halb zu einem zweiten Interview verabredet mit Karim Jafarmadar von Happylab, dem Hauptveranstalter, dieser ist jedoch im Moment so ausgelastet, dass wir uns auf ein schriftliches Interview in der folgenden Woche einigen. Also schlendere ich noch ein wenig durch den Wettbewerbsbereich, bevor ich mich von der RobotChallenge verabschiede.

Fazit

Die RobotChallenge war für mich das erste Event dieser Art und dementsprechend mit einer Flut an Eindrücken verbunden. Die wunderschöne Location, die freundliche Stimmung, das bunt gemischte Teilnehmerfeld, die ausgefeilte Technologie,…alles hat mich positiv beeindruckt. Nur ein kleines Manko: Als Besucher, der in absolut keiner Verbindung zu den Teilnehmern stand, war die RobotChallenge für mich über die Zeit leider nur in den ersten Stunden aktiv spannend, da sich im Grunde genommen den ganzen Tag über nicht viel im Programmablauf geändert hat. Darüber hinaus habe ich es ein wenig vermisst, durch eine Art Moderation an die Hand genommen zu werden. Zugegeben, es war schwer, sich nicht dort aufzuhalten, wo die Wettkämpfe stattfanden, weil die Alternative an Räumlichkeiten nur das Erdgeschoss mit der Freestyle-Ausstellung umfasste. Aber selbst im Wettkampfbereich fungierten die ausgestellten Zeitpläne eher weniger als wirkliche Orientierung. Die RobotChallenge folgte einfach ihrem ganz eigenen Rhythmus, was für die Teilnehmer hervorragend, für mich als Besucher jedoch etwas geduldsstrapazierend war. Im Grunde genommen war ich als Zuschauer eben da, aber nicht zwingend notwendig. Als stolzer Familienverband, der das jüngste Mitglied im Wettkampf bestaunt, ist die Perspektive natürlich eine völlig andere, aber da geht es auch nicht darum, die Veranstaltung als solche zu besuchen. Ich kann dennoch einen Besuch der RobotChallenge uneingeschränkt empfehlen, meine Kritik sei deshalb an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber erwähnt.