30. Juni 2015

Lunar Mission One: Die nächste Generation der Weltraumforschung

Roboter sind nicht nur in Deutschland ein zentrales Element der Weltraumforschung. Auch in Großbritannien spielt in den kommenden neun Jahren ein unbemanntes, robotisches Landemodul eine besondere Rolle bei der Raumfahrt: Lunar Mission One ist die erste Mondmission, die zum Teil durch Crowdfunding finanziert wird und in bisher unerforschte Gebiete auf dem Mond vordringen soll. Unterstützer der Kickstarter-Kampagne haben mittels kaufbarer Zeitkapselpakete sogar die Möglichkeit, sich selbst auf dem Mond verewigen zu lassen.

Lunar Mission One’s Ursprünge gehen zurück auf das Jahr 2007. Zu dieser Zeit sahen sich sowohl die USA als auch das Vereinigte Königreich mit finanzpolitischen Beschränkungen und konkurrierenden wissenschaftlichen Anforderungen konfrontiert, die ihre jeweiligen neuesten Forschungsbestrebungen behinderten – ein Umstand, der die Weltraumforschung immer noch zurückhält.

Ich als einer der Projektfinanciers wurde um Hilfe gebeten, als es darum ging, einen Weg zu finden, der dieses Problem umgeht. Nachdem ich also einige Monate die Raumfahrt- und Weltraumforschungsszene recherchiert und mit den amerikanischen und britischen Raumfahrtbehörden an Strategien zur Erhöhung der Investitionen über die Erdumlaufbahn hinaus gearbeitet hatte, kam ich zu dem Schluss, dass es Schwierigkeiten mit dem traditionellen Ansatz gibt. Dennoch war klar, dass ein großes Interesse am Weltall vorhanden war – weit mehr als nur an der reinen Raumfahrtindustrie – welches nicht vollkommen ausgeschöpft wurde. Von den vielen Ideen, die ich mir anschaute, war es die lunare Tiefenbohrung, die am besten dazu geeignet schien, dieses Interesse nutzbar zu machen. Diese Idee könnte über ihre wissenschaftlichen Ziele hinaus ausgeweitet und mit denen verbunden werden, die durch das Weltall inspiriert wurden. Dadurch, dass ich die Idee von persönlichen Informationen (einschließlich des DNA-Codes) schließlich mit der Vorstellung von einem Milliarden Jahre alten öffentlichen Archiv des Lebens auf der Erde verknüpft habe, das durch eine globale Teilnahme entstehen würde, schuf ich den Entwurf eines Projektes, das sowohl wichtige wissenschaftliche Forschungen realisieren als auch eine globale Massenteilnahme bewirken könnte. Diese Idee wurde zu Lunar Mission One.

Lunar Mission One - Tiefenbohrer Mit dem Bohrer des robotischen Landungsmoduls soll Gestein am Südpol des Mondes aus bis zu 100 Metern Tiefe geborgen werden © Lunar Mission One

Lunar Mission One unterlief Jahre an Vorbereitungen. Projektkosten mussten gründlich geprüft werden, Durchführbarkeitsstudien zur Technologie und Wissenschaft mussten erstellt werden, das Konsumgut musste entwickelt und detaillierte Marktforschung musste betrieben werden. Trotzdem bedurfte das Projekt noch zweier entscheidender Dinge, um zu starten: Kapital und Publicity. Wir entschieden uns, dass eine globale Finanzierungskampagne via Kickstarter die Methode sein würde, mit der wir die nötigen Mittel aufbringen und die Aufmerksamkeit erregen, um mit der Vorbereitungsphase des Projektes zu beginnen. Das Ganze resultierte in einer Million US-Dollar (rund 895.000 Euro), die wir innerhalb eines Monats für das Projekt beschafften, und in einer im Verlauf dessen gewonnenen Gemeinschaft von über 7000 Unterstützern aus mehr als 70 Ländern

LM1_Craft_Design Die Konstruktion des Landungsmoduls ist ab 2018 geplant © Lunar Mission One

Allerdings sind eine Million US-Dollar nur der Anfang; gerade genug für initiale Vorbereitungen des Projektes. Den nötigen, verbleibenden Betrag werden wir durch den Verkauf von digitalem Raum innerhalb eines privaten Archives beschaffen, einer Zeitkapsel des 21. Jahrhunderts, die wir unter der Mondoberfläche platzieren werden. Aufgrund der dortigen außergewöhnlichen Umgebungsbedingungen hat dieses Archiv das Potenzial, Milliarden von Jahren zu überstehen. Wir konnten bereits beobachten, dass Menschen selbst in der Abwesenheit einer offiziellen Marketingkampagne von diesem Produkt angezogen werden. Tatsächlich sagt unsere Marktforschung unter der Annahme, dass 1% derer, die sich das Kernprodukt leisten können, dies auch kaufen, weltweite Einnahmen von 4.5 Milliarden US-Dollar (rund vier Milliarden Euro) voraus, die zur Hälfte aus den USA stammen.

Im Mittelpunkt von Lunar Mission One, und Hauptgrund des gesamten Konzeptes, steht ein wirklich ernstes wissenschaftliches Bestreben, das einen einmaligen Beitrag zu unserem Wissen und Verständnis der Ursprünge von Mond und Erde leisten wird. Die Mission wird am Südpol des Mondes landen und dort bis zu einer Tiefe von mindestens 20 Metern bohren, dieses mehrere Male und jedes Mal tiefer als zuvor bis zu einer potenziellen Tiefe von 100 Metern. Dadurch werden wir in der Lage sein, auf 4.5 Milliarden Jahre altes, nicht kontaminiertes Mondgestein zuzugreifen und dieses zu analysieren, wodurch Licht auf einige der größeren Fragen der heutigen Wissenschaft geworfen wird. Mithilfe geologischer Studien wollen wir die wahre Beziehung zwischen der Erde und ihrem Mond enthüllen und mehr darüber lernen, wie das späte, schwere Bombardement die Geschichte unseres Planeten formte. Wir haben uns außerdem das Ziel gesetzt, durch die Beurteilung der Tauglichkeit des Südpols für eine bemannte Raumforschungsstation, den Weg für eine zukünftige Infrastruktur auf dem Mond zu ebnen. Außerdem werden wir die Tauglichkeit von Astronomie vom Mond aus untersuchen.

Lunar Mission One - Zeitkapseln Kickstarter-Unterstützer konnten sich im Verlauf der Kampagne Zeitkapseln sichern, die u.a. ihre DNA in Form ihrer Haare beinhalten und später unter der Mondoberfläche vergraben werden © Lunar Mission One

Wir haben das Glück, mit einigen der talentiertesten Weltraumforscher und –ingenieure der Welt zu arbeiten, und wir sind alle unglaublich gespannt darauf, was Lunar Mission One auf dem Gebiet lunarer Wissenschaft und Astronomie erzielen wird. Dennoch war ich persönlich immer am meisten daran interessiert, welches Potenzial das Projekt für Vorstellungskraft und Inspiration in sich birgt. Für mich muss Lunar Mission One ein Vermächtnis hinterlassen. Schon 2008, als die Idee von Lunar Mission One erstmals besprochen wurde, galt die Bildungsförderung als ein Muss für das Projekt, nicht nur in Bezug auf STEM (Science, Technology, Engineering, Mathematics), sondern auch bezogen auf das Leben auf der Erde – wer sind wir, was sind wir, wohin gehen wir, wovon sind wir abhängig? Unser globales Bildungsprogramm, ein gemeinnütziges Bestreben, das vom UCL Institute of Education geleitet wird, zielt darauf, Wissen zu fördern und Lernende aller Altersstufen auf der ganzen Welt zu inspirieren. Der Inhalt und das Ausmaß des Projektes geben jedem die echte Möglichkeit, etwas Bedeutendes beizutragen. Dort hört das Vermächtnis aber nicht auf. Jegliche überschüssige Mittel, die nach dem Ende von Lunar Mission One übrig bleiben, gehen an Lunar Mission Trust, eine Stiftung, die diese Fonds verwalten und als Zuschuss gewährende Organisation zukünftige Weltraumforschung und Erkundungsmissionen unterstützen wird.

Lunar Mission One ist ohne Zweifel eines der aufregendsten Projekte der heutigen New Space-Bewegung. Wir leisten Pionierarbeit mit einer neuen Strategie, die das Arbeiten mit der Industrie und die Einbeziehung der Öffentlichkeit beinhaltet. Infolgedessen fragen mich die Menschen zunehmend danach, welche Konsequenzen sich meiner Meinung nach daraus für die Industrie ergeben, sollte Lunar Mission One erfolgreich sein. Meiner Ansicht nach hat das Projekt das Potenzial, mehrere großartige Dinge zu bewirken: die Ausweitung der Finanzierungsquellen der Raumfahrtindustrie, einen Anstieg des weltweiten Interesses an STEM-Themen, die Förderung von Innovationen in der Raumfahrtindustrie und den Beweis, dass eine ernsthafte internationale Zusammenarbeit an Raumfahrtprojekten erfolgreich sein kann.

Lunar Mission One - Roboterarm und Bohrer Der Roboterarm des Landungsmoduls und der Tiefenbohrer sollen die Mission zum Erfolg führen © Lunar Mission One

Lunar Mission One hat noch ein gutes Stück Weg vor sich. Wir stehen letzten Endes erst am Anfang einer sehr langen Reise. Trotzdem bringen wir jeden Tag Schwung in die Sache – wir gewinnen neue Unterstützer, wir gewinnen Skeptiker für uns und wir bauen uns eine Reputation als fundiertes und wirklich bahnbrechendes Projekt auf.

Eine Mondmission für uns alle: Ich fordere euch auf, uns auf dieser Reise zu begleiten und uns zu helfen, ein anhaltendes Vermächtnis aufzubauen.

Gastbeitrag von
David Iron, Gründer von Lunar Missions Trust und Lunar Missions Ltd.
(Aus dem Englischen übersetzt von Dana Neumann)
Ausführliche Informationen: Lunar Mission One, Lunar Mission One bei Kickstarter