16. April 2015

RobotChallenge 2015: Ein Interview mit Dr. Roland Stelzer von Happylab und der INNOC

Im Rahmen der diesjährigen 12. RobotChallenge hatte Roboterwelt die Chance, ein sehr nettes Interview mit Dr. Roland Stelzer zu führen, der als einer der verantwortlichen Veranstalter gut gelaunt für uns Rede und Antwort stand. Herausgekommen ist ein spannender Einblick in die Entwicklung und die Hintergründe dieses faszinierenden Wettbewerbes.

Das Veranstalterteam und der Staatssekretär Veranstalter und Staatssekretär bei Pressetermin: Dr. Roland Stelzer und Dr. Harald Mahrer (Staatssekretär, beide von rechts) ©Roboterwelt

Dana Neumann: Herr Dr. Stelzer, eine kurze Zusammenfassung: Wie zufrieden sind Sie bis jetzt mit der Veranstaltung?

Dr. Roland Stelzer: Bisher bin ich sehr zufrieden. Wobei ich sagen muss, der größte Dank gilt ja den vielen, vielen Freiwilligen, die gestern von früh bis fast Mitternacht hier beim Aufbau mitgearbeitet haben, und dann natürlich den vielen Teilnehmern, die gekommen sind. Diese machen das Event schließlich zu dem, was es ist. Aber ich glaube es ist sehr gut angelaufen. Auf allen Sumo-Ringen, auf allen Parcours finden die Wettkämpfe statt, und ich bin bisher sehr zufrieden.

Dana Neumann: Das freut mich. Die RobotChallenge findet heute im zwölften Jahr statt. Wenn Sie durch die Gänge gehen, erblicken Sie viele bekannte Gesichter? Also z.B. Teams, die regelmäßig jedes Jahr wiederkommen?

Dr. Roland Stelzer: Ja schon. Sehr, sehr viele kommen einmal her und dann immer wieder und jedes Jahr kommen Neue dazu, also es wächst von Jahr zu Jahr. Es besteht in diesem Jahr auch bereits wieder ein neuer Rekord, aber es gibt schon wirklich viele bekannte Gesichter.

Dana Neumann: Wie ist das alles angelaufen? Mittlerweile sind es Teams aus 40 Ländern mit insgesamt 640 Robotern, wie lange hat es gedauert, bis die Leute wirklich von allein zu Ihren Wettkämpfen gekommen sind?

Dr. Roland Stelzer: Wir haben gestartet mit sieben Robotern, davon war einer meiner (lacht), dann waren es, glaube ich 28, dann waren es sechzig, und so ist es irgendwie exponentiell gewachsen. Warum, weiß ich nicht. Es ging relativ schnell. Wir haben ja nie so etwas wie ein Werbebudget gehabt, das hat sich über das Internet, über diverse Foren und in den letzten Jahren natürlich über die sozialen Medien entsprechend verbreitet. Ich weiß es nicht, es ist von allein gegangen, eigentlich von Anfang an.

Dana Neumann: Sie haben gesagt, Sie verfügen über kein Werbebudget. Wie genau finanzieren Sie die Veranstaltung?

Dr. Roland Stelzer: Wir finanzieren die Veranstaltung einerseits durch die Unterstützung des Wissenschaftsministeriums, einen Teil auch über die Startgebühren von den Teilnehmern und teilweise noch durch andere Sponsoren und einen sehr, sehr großen Teil über unbezahlte, freiwillige Eigenleistungen von unseren freiwilligen Helfern.

Dana Neumann: Kommen die Freiwilligen alle aus dem Happylab (Anmerk. d. Red.: Das Happylab ist neben der Österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC) und in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) einer der Veranstalter der RobotChallenge) oder auch aus den Bekanntenkreisen der Mitglieder?

Dr. Roland Stelzer: Sie kommen zum größten Teil aus dem Happylab.

Dana Neumann: Wie viele Mitglieder gibt es dort?

Dr. Roland Stelzer: Im Happylab gibt es ungefähr 1500 Mitglieder, und hier haben wir jetzt jeden Tag so an die 40 Freiwillige, die vor Ort helfen als Schiedsrichter, am Infostand oder wobei auch immer.

Dana Neumann: Wie umfangreich ist der Aufbau, abgesehen von der zeitlichen Komponente? Was genau muss alles gemacht werden?

Dr. Roland Stelzer: Vom Zeitlichen her ist es eigentlich ein Tag von 7 Uhr früh bis 11 Uhr in der Nacht mit ca. 30 bis 40 Leuten. Es muss hier alles gemacht werden. Wir haben einen wunderschönen Raum, aber im Prinzip einen leeren Raum, den wir vorfinden. D.h. wir müssen alles aufbauen, die Gerüste, an denen die Bildschirme befestigt werden, die Parcours, die Beschriftungen, die Hinweisschilder, den Check-Inn. Es sind sehr, sehr viele Kleinigkeiten vorzubereiten. Man muss sich vorstellen, wenn etwa 800 bis 850 internationale Gäste kommen und es teilweise auch Sprachbarrieren in der Verständigung gibt, dann muss es alles so vorbereitet sein, dass für die Teilnehmer alles klar ist und funktioniert. Es ist so, dass wir einen sehr dichten Zeitplan haben, d.h. der ganze Ablauf muss im Vorfeld geplant werden, sonst bringen wir das alles in diesen zwei Tagen unmöglich durch.

Dana Neumann: Wann fangen denn diese Vorbereitungen inklusive der Planung und allem, was dazu gehört, genau an?

Dr. Roland Stelzer: Grundsätzlich ist nach der RobotChallenge vor der RobotChallenge. Da geht es schon wieder los mit den ersten Ansagen, wann der nächste Termin ist. Wir müssen uns überlegen wie das Reglement-Review ist und schauen, wo man Sachen anpassen muss. Das muss man dann auch immer relativ früh machen, damit sich die Teams darauf einstellen können fürs nächste Jahr. Wir müssen Kooperationen vereinbaren, denn teilweise gibt es in anderen Ländern Vorausscheidungen, die alle im Vorfeld abgestimmt werden müssen. Und dann die heiße Phase, würde ich sagen, beginnt immer so um Weihnachten, also drei bis vier Monate vor dem eigentlichen Wettbewerb.

Dana Neumann: Gibt es diese Vorentscheide schon lange?

Dr. Roland Stelzer: Seit ein paar Jahren haben wir in Mexiko eine Partner, der Vorausscheidungen anbietet und praktisch das gleiche Regelwerk nutzt und die Sieger von dort sind dann automatisch für die Finalläufe hier in Wien qualifiziert. Ein ähnliches Modell wird jetzt überlegt mit China, aus Indien hat es Anfragen gegeben, aus Ägypten, aus Russland, also wir freuen uns natürlich, dass der Wettbewerb mittlerweile international diesen Stellenwert hat.

Dana Neumann: Heißt das dann, dass es bei Vorausscheidungen als Konsequenz auch begrenzte Teilnehmerzahlen pro Land gibt?

Dr. Roland Stelzer: Nein, das wollen wir nicht, aber wir wollen jenen, die bei Vorausscheiden besonders gut abschneiden einen gewissen Bonus geben beim Finalbewerb, also dass sie sich vielleicht die Qualifikationsrunden ersparen und fix für die Zwischenrunde oder die Finalläufe qualifiziert sind. Aber alle anderen dürfen genauso mitmachen.

Dana Neumann: Sind Sie als Veranstalter denn mittlerweile noch darauf angewiesen, selbst aktiv auf Sponsoren zuzugehen oder rennen Ihnen diese bereits die Türen ein?

Dr. Roland Stelzer: Das müssen wir selber immer noch sehr, sehr aktiv betreiben. Es ist zwar in der Robotikwelt, glaube ich, kein unbekannter Bewerber und dann international schon sehr bekannt, aber die Robotikszene, wie sie hier vor Ort ist, ist eben doch auch eine relativ kleine Szene und für sehr viele Sponsoren nicht breit genug und andere unterschätzen es, glaube ich, einfach auch. Sie unterschätzen das Potenzial solch einer Veranstaltung. Wahrscheinlich müssen wir da viel mehr machen, wir sind aber mit der ganzen Planung meist rundherum so eingedeckt, dass wir das sträflich vernachlässigen. Vielleicht hätte der ein oder andere Sponsor nur darauf gewartet, auf diesen Wettbewerb aufmerksam gemacht zu werden.

Dana Neumann: Gibt es, wenn man sich international umschaut, einen Wettbewerb, der in der gleichen Liga spielt bzw. auf dem gleichen Level stattfindet? Wie ist der Status der RobotChallenge international?

Dr. Roland Stelzer: Das ist schwer zu sagen, ich glaube es gibt sehr, sehr viele, sehr engagierte Teams, die Wettbewerbe machen, sehr viele Unis machen auch Wettbewerbe. Das Besondere bei der RobotChallenge ist, glaube ich, wirklich dieses heterogene Teilnehmerfeld: sehr, sehr international, alle Altersgruppen, Studententeams genauso wie Hobbybastler, sonstige Technikenthusiasten und das allgemeine Publikum. Familien kommen hier die Kinder bestaunen und bestaunen die Leistungen, genauso wie die Eltern und Großeltern. Dieses Ambiente macht meiner Meinung nach die RobotChallenge aus. Aber vom Technischen her, glaube ich, gibt es sehr viele andere, meist kleinere Wettbewerbe mit auch sehr guten Leistungen.

Dana Neumann: Sind Sie bei Ihren alljährlichen Planungen auch bemüht, sich am jeweils gegenwärtigen technologischen Fortschritt zu orientieren?

Dr. Roland Stelzer: Ja, natürlich haben wir immer wieder Disziplinen aus dem Programm genommen oder ins Programm aufgenommen, eben, um dem technologischen Fortschritt irgendwie gerecht zu werden. Beispielsweise haben wir erst seit kurzem den Air Race im Programm. Die fliegenden Roboter werden immer mehr ein Thema im Allgemeinen und auch in der Technologie. Manchmal müssen wir auch nachbessern, um einfach die Neugegebenheiten abzubilden. Zum Beispiel haben wir beim Sumo, das gibt es jetzt auch schon ein paar Jahre, irgendwann den Nano-Sumo-Wettbewerb eingeführt. Die Herausforderung, den ganzen Sumo-kämpfenden Roboter unter 25 Gramm Gewicht zu bauen, also mit Motoren, mit Sensoren, Batterien, das wäre vor 10 bis 12 Jahren, als wir angefangen haben, noch schlicht unmöglich gewesen mit den Komponenten damals. Heute geht es, aber eher itterativ, also nicht alles umwerfen, weil wir ja wollen, dass die Teams auf ihren Leistungen vom heutigen Jahr im nächsten Jahr aufbauen können.

Dana Neumann: Um noch einmal auf die Teilnehmer zu sprechen zu kommen, waren denn von Anfang an schon ausländische Teams dabei oder hat es eine Weile gebraucht?

Dr. Roland Stelzer: Es war ganz am Anfang, glaube ich, nicht so, aber dann haben wir sehr eng mit einer Robotikgruppe in Bratislava zusammengearbeitet. Das waren schließlich unsere ersten internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, und wir haben über diese Bratislava-Connection sehr viele Leute aus dem Osten ansprechen können. Nach wie vor ist Polen eine Roboterweltmacht hier bei der RobotChallenge (Anmerk. d. Red.: Polen wurde in diesem Jahr durch Mexiko erstmalig von der Spitze vertrieben und rangiert 2015 auf Platz 9), um es so zu nennen. Danach ist die Internationalisierung einfach weiter gegangen. Aber es hat, ich würde sagen, drei bis vier Jahre gedauert und es pflanzt sich dann irgendwie viral fort. Wenn einer kommt und sagt, es hat ihm gefallen, dann kommen eben andere auch.

Dana Neumann: Lässt sich an einem Punkt festmachen, warum beispielsweise Polen im Vergleich zu Österreich, aber auch Deutschland, so viel besser abschneidet?

Dr. Roland Stelzer: Das weiß ich leider auch nicht (lacht). Ich glaube schon, dass manche Länder eine gewisse Bastlertradition haben. Also dort waren früher die Funkvereine und Radiobastler sehr stark und aus dieser Tradition heraus zusammen mit den neuen Technologien hat sich da eine Szene weiterentwickelt. Und bei manchen Ländern ist es eben so, dass auch die Politik reagiert hat – mit Politik meine ich jetzt im Bereich der Bildung – und das Ganze fixer Bestandteil im Bildungssystem geworden ist. Es gibt zum Beispiel auch eine Uni in England, die ist seit vielen Jahren jedes Jahr mit ein paar Teams hier bei uns dabei, die haben es innerhalb eines Masterstudiengangs fix im Studium integriert, dass sie auf diese Veranstaltung hinarbeiten und hier mitmachen. Und so gibt es das ähnlich in vielen Schulen, in vielen Ländern und das macht, glaube ich, schon den Unterschied aus.

Dana Neumann: Dann noch kurz zum Abschluss: Wo soll es hingehen mit der RobotChallenge? Gibt es Visionen, gibt es Ziele oder lassen Sie dem Wettbewerb einfach freien Lauf?

Dr. Roland Stelzer: Wo soll es hingehen…ich glaube ein Grund für den Erfolg dieser Veranstaltung ist, dass wir uns nicht ganz genau im Vorhinein überlegen, wo es hingehen soll, sondern dass wir da eine gewisse Sensorik entwickeln, ein gewisses Gespür dafür, wohin sich die Szene entwickelt, und versuchen, dem irgendwie Rechnung zu tragen. Ich hätte vor zehn Jahren nicht genau gewusst, wo die Robotik heute steht, ich weiß jetzt nicht, wie es in fünf Jahren weitergehen wird, wir wollen versuchen, mit der Zeit zu gehen und immer wieder ein attraktives Angebot zu machen. Mein Ziel ist erreicht, wenn es hier tolle Leistungen, lachende Gesichter und Emotionen auf allen Seiten, beim Publikum und bei den Teilnehmern, gibt.

Dana Neumann: Dr. Stelzer, ich danke Ihnen sehr für diese Interview und wünsche Ihnen auch für den morgigen Tag noch viel Erfolg.

Logo der RobotChallenge

Dr. Roland Stelzer von der Österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC) ist Mitbegründer des Happylab und einer der Veranstalter der RobotChallenge. Wir haben Ihn am 11. April in Wien im Rahmen der diesjährigen Veranstaltung getroffen.