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Wie kleine Palettier-Projekte große Automatisierungserfolge liefern

von Roboterwelt Redaktion 17. Juli 2025
Wie kleine Palettier-Projekte große Automatisierungserfolge liefern

Eine einzelne Verpackungslinie, ein kollaborativer Roboterarm – mehr brauchte es nicht, um ein mittelständisches Unternehmen operativ und personell auf ein neues Level zu heben. Palettierungsprojekte gelten zunehmend als strategisches Einfallstor für Automatisierung: technologisch simpel, wirtschaftlich effektiv und sozial akzeptiert. Eine Analyse mit Zahlen, Studien und praktischen Erkenntnissen. 

Palettierung als ideales Einstiegsszenario

Waren effizient stapeln, verpacken, verladen: Palettieren zählt zu den repetitivsten Tätigkeiten in der Fertigung und Logistik. Der monotone Charakter dieser Arbeit prädestiniert sie für Robotiklösungen, insbesondere für kompakte Automatisierungen mit Cobots. 

Die technologische Entwicklung hat in den letzten fünf Jahren die Hürden radikal gesenkt. Kollaborative Roboterarme mit Plug-and-Play-gesteuerten Endeffektoren und Low-Code-Oberflächen sind heute zu Preisen erhältlich, die speziell für kleinere Fertigungsbetriebe wirtschaftlich relevant sind. 

Insbesondere für operative Entscheider entsteht dadurch eine attraktive Möglichkeit, erste Smart-Factory-Erfahrungen risikominimiert zu sammeln – mit messbarem Nutzen. 

Ein Projekt, viele Wirkungen: Die Robotiq-Fallstudie

Ein mittelständisches Unternehmen implementierte einen Palettier-Cobot für eine einzige Verpackungslinie. Der technische Umfang war überschaubar: ein kollaborativer UR10e-Roboter, ein Greifer-Kit von Robotiq und die konfigurierbare Software „Palletizing Wizard“. 

Das Resultat: 

  • Über 150 entfalle Arbeitsstunden pro Monat 

  • ROI in unter vier Monaten 

  • Verringerung von Gesundheitsrisiken für Mitarbeitende 

  • Positive Signalwirkung für Folgeprojekte 

Der Effekt war dabei nicht nur ökonomisch, sondern auch strategisch: Eine Technologie, die zunächst als Pilot eingeführt wurde, wurde zum internen Standard. 

Wirtschaftlichkeit: Return on Investment und operative Kennzahlen

Selbst kleine Palettierlösungen entfalten einen hohen Hebel, wenn die betriebswirtschaftlichen Faktoren berücksichtigt werden. 

  • Geringe Initialinvestitionen (70.000 € oder weniger) 

  • Sofortige Rückführung variabler Lohnkosten 

  • Senkung von Stillstand durch kontinuierliche Auftragsabwicklung 

  • Präzisere Logistikplanung durch stabile Taktung 

Eine Zusammenstellung typischer ROI-Faktoren: 

FaktorEinfluss auf Wirtschaftlichkeit
AnschaffungskostenFixkosten, skalierbar je nach Bedarf
Betriebsdauer RoboterHohe Nutzungszeit >90 %
Stundensatz menschlicher ArbeitEinsparpotenzial >25 €/Stunde
Fehlerrate händischer PalettierungRücklaufkosten, Qualitätsmängel

McKinsey schätzt, dass sich speziell im Umfeld einfacher Packprozesse Cobots in unter 12 Monaten amortisieren – zum Teil deutlich schneller. 

Technologischer Reifegrad für schnellen Einstieg

Die Palettierung eignet sich besonders gut für die Automatisierung, da sie standardisierte Prozessparameter mitbringt und keine hochdynamische Sensorik erfordert. 

  • Begrenzter räumlicher Arbeitsbereich 

  • Geringe Variantenvielfalt 

  • Klar definierte Endpositionen auf der Palette 

  • Intuitive Einstellbarkeit durch Assistenzsoftware (z. B. Wizard-Oberflächen) 

Viele Systeme lassen sich mit wenigen Klicks simulieren, parametrieren und anpassen. Auch Altanlagen lassen sich durch mobile Robotiklösungen oft ohne tiefen Umbau integrieren. 

Soziale Wirkung: Arbeitsentlastung statt Jobverlust

Im Gegensatz zur klassischen Industrierobotik funktioniert kollaborative Palettierung unter engen und sicheren Mensch-Maschine-Interaktionen. Die Folge ist eine deutlich höhere Akzeptanz in der Belegschaft. 

In der beschriebenen Fallstudie wandelte sich die Tätigkeit des Bedienpersonals: 

  • Von repetitiver körperlicher Arbeit hin zu überwachender, steuernder Tätigkeit 

  • Schulung der Mitarbeitenden für einfache Eingriffe in die Robotersteuerung 

  • Positive Wahrnehmung durch Reduktion physischer Belastung 

Diese Transformation entspricht modernen Leitbildern human-zentrierter Produktion und unterstützt nachhaltige Organisationsentwicklung. 

Katalysator kleiner Projekte für größere Transformationen

Die einmalige Einführung eines Palettier-Cobots entfaltete eine Hebelwirkung, die weit über die ursprüngliche Problemstellung hinausging. Nach wenigen Wochen wurde dieselbe Lösung auf zwei weitere Linien skaliert. 

Typische Folgeeffekte solcher Pilotprojekte: 

  • Aufbau interner Technikkapazitäten („Automation Champions“) 

  • Entstehung unternehmensweiter Automatisierungsroadmaps 

  • Integration von MES-/ERP-Systemen für vollständige Prozessketten 

Der geringe Einstiegsaufwand ermöglicht ein schnelles „Proof of Concept“, das technisch, wirtschaftlich und kulturell im Unternehmen verankert wird. 

Grenzen und Herausforderungen

Selbst bei technologisch einfachen Projekten gibt es Stolperfallen. Besonders der Faktor Mensch im Kontext organisationaler Veränderungen sollte nicht unterschätzt werden. 

Typische Herausforderungen kleiner Einführungsszenarien: 

  • Fehlendes Change Management im Shopfloor 

  • Defizitäre Zusammenarbeit zwischen IT-Abteilung und Produktion 

  • Unterschätzung der technischen Schulungsbedarfe 

  • Probleme bei der Skalierung auf unstrukturierte Prozesse (etwa chaotische Lagerhaltung) 

Ein effektives Pilotprojekt ist daher weniger eine schlüsselfertige Plug-and-Play-Lösung, sondern benötigt eine integrierte Planung und interdisziplinäre Steuerung. 

Fazit: Klein gedacht, strategisch gewonnen

Ein kollaborativer Roboterarm auf einer Verpackungslinie – mehr nicht. Doch der Effekt war messbar, spürbar und kulturprägend. Kleine Palettierprojekte liefern nicht nur direkte wirtschaftliche Vorteile, sondern fungieren als unternehmerischer Türöffner für datenbasierte, adaptive Fertigungssysteme. 

In ihrer Kombination aus niedriger Einstiegsschwelle, schneller Wirtschaftlichkeit und hoher interner Akzeptanz bieten sie Entscheidern eine fundierte Grundlage, aus Automatisierung eine nachhaltige Unternehmensstrategie zu entwickeln. 

Zusammenfassung
  • Glühbirne

    Kleine Automatisierungsprojekte wie die Palettierung mit Cobots bieten eine attraktive Kombination aus Einfachheit, Wirtschaftlichkeit und strategischem Nutzen. Am Beispiel einer erfolgreichen Fallstudie zeigt sich: Bereits eine einzelne robotergestützte Linie kann signifikante Entlastung schaffen, Prozesse stabilisieren und den Boden für ganzheitliche Digitalisierung bereiten. Der ROI ist schnell, die Technologie ausgereift – ideale Voraussetzungen für konsequente Skalierung. 

Autoren
  • Roboterwelt Redaktion Roboterwelt Redaktion