21. November 2014

Cloud Robotics – Ein neuer Ansatz der internetbasierten Datenverteilung

Die „Cloud“ und auch „Cloud Robotics“ klingen nach sehr abstrakten Konzepten, die in der heutigen Gesellschaft jedoch bereits zum Alltag gehören bzw. auf bestem Weg dorthin sind. Es wird also Zeit, sich mit dieser sehr interessanten Thematik näher auseinander zu setzen, um die einzigartigen Ideen zu verstehen, die tatsächlich dahinter stecken und uns in Zukunft immer stärker begleiten werden.

Cloud-Robotics

Was ist eigentlich diese „Cloud“…?

Im Zusammenhang mit dem Begriff der Cloud treffen wir heute auf eine Vielzahl an Wortkompositionen und verwandten Ausdrücken, die sich dem Nicht-Kenner möglicherweise nicht auf den ersten Blick erschließen. Dazu gehören zum Beispiel eingedeutschte Terme, wie Cloud Computing, Cloud-Speicher, Cloud Robotics, Cloud-Automation, Crowdsourcing, Open Source und und und… .

Was genau verbirgt sich nun aber dahinter? Rein wissenschaftlich gesprochen, handelt es sich der offiziell anerkannten Definition des Nationalen Instituts für Standards und Technologie (NIST) zufolge bei der Cloud bzw. dem Cloud Computing um „ein Modell, das einen universellen, leichten und bedarfsgerechten Netzwerkzugriff auf einen gemeinsam genutzten Pool konfigurierbarer Rechenressourcen (d.h. Netzwerke, Server, Speicher, Anwendungen und Dienste) ermöglicht, der mit minimalem Verwaltungsaufwand oder Eingriffen des Dienstanbieters schnell bereitgestellt und freigegeben werden kann.“ Ganz simpel gesprochen: all das, was Sie zu Hause an Ihrem Rechner erledigen, wie Daten speichern oder Programme ausführen, geschieht nicht lokal auf Ihrer Festplatte, sondern durch den Zugriff über ein Netzwerk, wie das Internet, innerhalb eines externen, eigenständigen Pools an Ressourcen: der Cloud.

Dieses Cloud-Modell setzt sich laut NIST außerdem aus fünf essentiellen Merkmalen, drei Servicemodellen und vier Bereitstellungsmodellen zusammen.

Fünf wesentliche Merkmale:

  1. Bedarfsgerechte Selbstbedienung: Selbstzuweisung von Leistung aus der Cloud, wie Serverzeit und Netzwerkspeicher, durch den Nutzer je nach Bedarf und ohne Interaktion mit jedem Dienstanbieter
  2. Breiter Netzwerkzugriff: die Ressourcen sind über das Netzwerk verfügbar und werden durch Standardmechanismen abgerufen, die die Nutzung durch PCs, Handys, Tablets, Laptops usw. fördern.
  3. Bündelung von Ressourcen: die Rechenressourcen des Providers sind gebündelt, um von multiplen Konsumenten gleichzeitig verwendet werden zu können; das beinhaltet verschiedene physische und virtuelle Ressourcen, die je nach Konsumentenbedarf dynamisch zugewiesen oder neu zugeordnet werden.
  4. Kurzfristige Elastizität: Ressourcen können elastisch bereitgestellt und freigegeben werden, z.T. automatisch.
  5. Gemessener Service: Cloud-Systeme kontrollieren und optimieren Ressourcen automatisch anhand von Messtechniken, typischerweise auf Basis bezahlter Einheiten (pay-per-use) oder Aufladung pro Nutzung (charge-per-use) entsprechend der Art des Service (z.B. Speicher, Datenverarbeitung, Bandbreite, aktive User-Konten,…). Ressourcennutzung kann überwacht, kontrolliert und gemeldet werden, was Transparenz für Provider und Nutzer gleichermaßen bedeutet.

Servicemodelle:

  1. IaaS: Infrastruktur als Service: Nutzer schaffen sich Ihren eigenen virtuellen Verbund aus Hardware (Rechner, Netzwerke, Speicher usw.) und verwalten selbst die Auswahl, Installation, den Betrieb und die Software.
  2. PaaS: Plattform als Service: Nutzer entwickeln innerhalb einer Cloud, die von einem Service Provider bereitgestellt wird, ihre eigenen Software-Anwendungen oder führen diese dort aus.
  3. SaaS: Software als Service: Service Provider bieten dem Nutzer eine spezielle Auswahl an Software an, die auf ihrer Infrastruktur ausgeführt werden kann.

Bereitstellungsmodelle:

  1. Die öffentliche Cloud: Zugang zur Cloud für die breite Öffentlichkeit über das Internet, der auf einer flexiblen Basis (Bezahlung der Nutzung oder des Verbrauchs) gemietet wird
  2. Die private Cloud: privater Zugang zu einem internen Verbund (Intranet), z.B. innerhalb einer Firma, eines Vereins, einer Behörde usw.
  3. Die hybride Cloud: kombinierter Zugang zu öffentlichen und privaten Clouds je nach Bedarf des Nutzers
  4. Die gemeinschaftliche Cloud: Zugang zu einer Art der öffentlichen Cloud, der jedoch einem kleineren Nutzerkreis vorbehalten ist, der sich die Kosten teilt, z.B. ein Verbund aus Universitäten, verschiedenen Behörden, Forschungsgemeinschaften usw.

Heute ist Cloud Computing für jeden Nutzer je nach Bedarf verfügbar, beispielsweise über Amazon (Elastic Compute Cloud), Google (Compute Engine) oder Microsoft (Azure). Anhand solcher Systeme steht ein Zugriff auf zehntausende ferngesteuerte Prozessoren für kurzfristige Computeraufgaben bereit, die ursprünglich nahezu ausschließlich von Internetanwendungsentwicklern genutzt wurden bzw. große Bedeutung für wissenschaftliche und technische Höchstleistungsrechenanwendungen hatten.

…und was beinhaltet nun Cloud Robotics?

Der Begriff bzw. das Konzept der „Cloud Robotics“ wurde erstmals 2010 von James Kuffner, einem der Ingenieure des Google-eigenen RoboCars, geprägt und populär gemacht. Es folgte ein Artikel im renommierten Wissenschaftsmagazin „IEEE Spectrum“, das diesen Ausdruck ebenso wie zahlreiche Forscher übernahm, sowie die prägnante Zusammenfassung von Cloud Robotics als „No robot is an island“ [Kein Roboter ist eine Insel] durch Steve Cousins (ehemaliger CEO von Willow Garage und CEO der Roboterfirma Savioke). Dieser neue Ansatz, die Vorteile des Internets als Quelle für massive, gleichzeitige Berechnungsprozesse sowie den gemeinsamen Zugriff auf die riesigen Datenressourcen zu nutzen, hat sich seitdem langsam verbreitet.

Grundgedanke der Idee ist es, dass Roboter von den leistungsstarken Rechnungs-, Speicher- und Kommunikationsressourcen moderner Clouds profitieren, während zugleich indirekte Kosten für Wartung und Updates abgeschafft sowie die Abhängigkeit von gebräuchlicher Middleware reduziert werden. Roboter sollen sich demnach für ihre Aufgaben die schnelle Zunahme an Datentransfers zunutze machen ohne die dazu nötigen harten Echtzeitanforderungen (das bedeutet ein Auslagern der Datenverarbeitung zur Ergebnisermittlung innerhalb eines definierten Zeitfensters). Ein Beispiel dafür stellen besonders mobile Roboter dar, bei denen die gerätinternen Berechnungsprozesse zusätzliche Energie beanspruchen, die sich wiederum negativ auf die Leistungsdauer auswirken und dadurch sowohl die Robotermobilität einschränken, als auch die Kosten steigern. Um dies zu vermeiden, können heute immer mehr Roboteranwendungen aufgrund der Fortschritte auf dem Gebiet der modernen Kommunikationstechnologie in der Cloud ausgeführt werden.

Im weiteren Rahmen ist Cloud Robotics mit mehreren neuen Initiativen verwandt. Dazu gehören zum Beispiel Trends in Richtung einer Online-Freigabe von Open Source-Hardware und -Software, Crowdsourcing bei der Förderung von Robotik, aber auch weiter ausgelegte Verbindungen zu verwandten Forschungsgebieten, wie das Internet der Dinge, das Web der Dinge, Industrie 4.0 oder das Industrielle Internet.

Eine kurze Geschichte der Cloud Robotics

Innerhalb der Entwicklungen von der beginnenden Vernetzung mehrerer Computer miteinander (Grid Computing) bis hin zum heutigen Cloud Computing ist der Wert des Netzwerkens in Bezug auf die Kopplung von Maschinen in Fertigungsautomationssystemen schon in den 1980er Jahren bemerkt worden, z.B. durch General Motors. 1994 wurde der erste industrielle Roboter über eine intuitive grafische Benutzeroberfläche mit dem Internet verbunden, wodurch es Besuchern möglich war, den Roboter mit Hilfe eines Internet-Browsers fernzusteuern. Mitte bis Ende der 1990er Jahre schließlich entwickelte sich aus einer Forschungsreihe zu verschiedenen Internetschnittstellen für Roboter und Geräte für die Untersuchung von Benutzeroberflächen und Robustheit das Subfeld „vernetzer Roboter“.  Weitere Schritte folgten:

  • Publikationen zu den Vorteilen von Fernrechnung (remote computing) für die Kontrolle von Robotern (z.B. M. Inaba, „Remote-brained robots”, In: International Joint Conference on Artificial Intelligence, 1997, pp. 1593–1606.)
  • Im Mai 2001 gründet die IEEE-Gesellschaft für Robotik und Automation das Technische Komitee für vernetzte Roboter
  • Zwei Kapitel des ersten Springer Handbuchs zur Robotik befassen sich mit vernetzten Tele-Robotern (Roboter, die via Fernsteuerung über globale Netzwerke von Menschen bedient werden) und mit vernetzten Roboter (Roboter, die über lokale Netzwerke miteinander kommunizieren)
  • 2009 wird das Projekt „RoboEarth“ ins Leben gerufen, das die Verwirklichung eines World Wide Web für Roboter anstrebt (ein riesiges Netzwerk und Datenbankdepot, in dem Roboter Informationen teilen und in Bezug auf ihr Verhalten und ihre Umgebung voneinander lernen)
  • Das RoboEarth-Forschungsteam entwickelt anhand einer Reihe von erstellten Systemarchitekturen für Dienstleistungsroboter Cloud-Vernetzung und Rechenressourcen, um 3D-Modelle der Umgebung, Spracherkennung und Gesichtserkennung zu generieren

Initiativen und Projekte

Das enorme Potenzial der Verbindung aus Cloud und Robotik zeigt sich für die Forscher des Projektes RoboBrain der amerikanische Universitäten Cornell, Stanford, Berkeley und Brown, mindestens auf fünf verschiedene Arten:

  1. Zunächst können durch den Zugriff, aber auch die Ergänzung vorhandener Daten durch Roboter in einer globalen Bibliothek Bilder, Karten und Objektdaten indexiert werden.
  2. Paralleles Grid Computing (der Ersatz von Hochleistungsrechnern durch die Bündelung von einzelnen Computern in einem Netzwerk) ermöglicht dagegen den Abruf verteilter Rechenleistung nach Bedarf in den leistungsintensiven Bereichen der statistischen Analyse, des Lernens und der Bewegungsplanung.
  3. Auf der „menschlichen“ Seite der Robotik führen Open Source und Open Access zur gemeinsamen Nutzung von Codes, Daten, Algorithmen und Hardwaredesigns,…
  4. …während kollektives Lernen auf der „Roboter-Seite“ das Teilen von Bewegungsabläufen, Kontrollpolitiken und Resultaten beinhaltet.
  5. Zu guter Letzt ermöglichen Crowdsourcing und Callcenter offline und bedarfsgerechte menschliche Beratung für die Bewertung, das Lernen sowie die Fehlerbehebung auf dem Gebiet der Robotik.

Die Vielzahl an verwandten, darauf aufbauenden Initiativen spricht für die zukünftig weiter zunehmende Relevanz der Cloud Robotics, die bis heute von Akademien, Regierungen und Industrien weltweit große Beachtung findet. Hier nur einige dieser beeindruckenden Projekte:

Deutschlands Industrie 4.0

Mit Fokus auf die deutsche Industrie strebt das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 im Sinne der vierten industriellen Revolution eine Form der Industrieproduktion an, die sich durch stark individualisierte Produkte, aber dennoch hochflexible Großproduktion, die intensive Einbindung von Kunden und Geschäftspartnern sowie die Kopplung von Produktion und hochwertigen Dienstleistungen auszeichnet. Die Grundlagen dafür sind cyber-physische Systeme und das Internet der Dinge (siehe unten), mit deren Hilfe an einer Kommunikation zwischen Fertigung und Logistik bzw. zwischen Produkt und Fertigungsanlage gearbeitet wird, einer sogenannten „intelligenten Fabrik“, die sich ohne menschliches Eingreifen selbst organisiert.

General Electric’s Industrial Internet

Das industrielle Internet zielt darauf, eine weltweite Konvergenz von Industriesystemen und intelligenter Datenverarbeitung, d.h. die Verflechtung von komplexer physischer Maschinerie mit vernetzten Sensoren und Software, zu schaffen. In diese enge Verbindung von digitaler und maschineller Welt werden große Hoffnungen bezüglich signifikanter Veränderungen der globalen Industrie gesetzt, die wiederum viele Aspekte des täglichen Lebens positiv beeinflussen sollen.

IBM’s Smarter Planet

Die IBM-Initiative Smarter Planet dreht sich rund um die Ausnutzung des Potenzials von intelligenten Systemen, um wirtschaftliches Wachstum, kurzfristige Effizienz, nachhaltige Entwicklung und gesellschaftlichen Fortschritt zu erzielen. Darin involviert sind Unternehmen, Städte und Gemeinden, die anhand des breiten Angebotes an Daten ihre Firmen und Institutionen durch Big Data, Analytik, mobile Technologie, Social Business  und die Cloud umformen.

Internet der Dinge

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) beinhaltet die Verknüpfung von „Dingen“, d.h. eindeutig identifizierbaren, eingebetteten Computergeräten bzw. Objekten, denen eine IP-Adresse zugeordnet werden kann und die in der Lage sind, Daten zu übertragen, innerhalb einer internetähnlichen Infrastruktur. Die ursprüngliche Idee dahinter ist die Folgende: In Bezug auf Informationen ist das Internet nahezu vollständig von Menschen abhängig, d.h. annähernd alle der dort verfügbaren Daten wurden von Menschen erfasst und erstellt. Wenn Computer in der Lage wären, durch Daten, die sie ohne menschliches Zutun selbst gesammelt haben, alles zu lernen, was es zu wissen gibt, könnten wir wiederum alles verfolgen und zählen, um so signifikant Verschwendung, Verluste und Kosten zu reduzieren.

RoboBrain

RoboBrain ist ein gemeinschaftliches Projekt von Forschern der Universitäten Cornell, Stanford, Berkeley und Brown, die daran arbeiten, ein „umfangreiches Computersystem zu schaffen, das von öffentlich zugänglichen Internetressourcen, Computersimulationen und realen Roboterexperimenten lernt“.

RoboEarth

RoboEarth ist die Verwirklichung der Idee eines World Wide Webs für Roboter. Dieses erste spezielle Internet wurde im Januar 2014 von Forschern der Universität Eindhoven in einem Testlauf mit vier Robotern aktiviert, die es nicht nur als Wissensdatenbank, sondern auch zum gegenseitigen Lernen und Informationsaustausch nutzen.

Herausforderungen und zukünftige Trends

Mit der fortschreitenden Nutzung der Cloud auf dem Gebiet der Robotik ergeben sich nicht nur neue Herausforderungen, sondern ebenso Problemstellungen.

In Bezug auf Privatsphäre und Sicherheit gibt beispielsweise die der Cloud innewohnende Konnektivität Anlass zu einer Reihe an Bedenken. Dazu gehören vor allem Daten, die von Robotern und Sensoren, die mit der Cloud verbunden sind, generiert werden, weil besonders diese Bilder, Videos oder Daten aus Privathaushalten bzw. Geschäftsgeheimnisse enthalten können. Darüber hinaus stellen potenzielle Hackerangriffe ein massives Problem dar. Versuche der Universität von Texas haben bereits gezeigt, dass es möglich ist, Drohnen zu hacken und fernzusteuern. Im Zuge dessen wird deshalb verstärkt Augenmerk auf regulative, haftungspflichtbezogene und rechtliche Angelegenheiten gelegt, die im Zusammenhang mit Sicherheit, Kontrolle und Transparenz stehen.

Auf der technischen Seite sind dagegen neue Algorithmen und Methoden notwendig, die unter anderem mit zeitlich variierender Netzwerklatenz umgehen, sich an die Größe von Big Data anpassen und unzuverlässigen Input herausfiltern können. Die Einführung solcher Algorithmen in die Cloud verlangt wiederum nach Rahmenbedingungen, die dies erleichtern.

Bevor Cloud Robotics zu 100% realisiert werden können, steht noch ein guter Weg bevor, aber die Anfänge sind gemacht, so dass es im Moment eigentlich nur noch eine Frage der Zeit ist.

Zusammenfassung

  • Bereits heute ermöglicht die Cloud jedem User einen Zugriff auf externe Internetressourcen, wie Speicher und Programmausführung, der zur alltäglichen Anwendung kommt.
  • Die Verbindung von Cloud und Robotik zielt noch intensiver auf die vorteilhafte Nutzung des Internets als Quelle für massive, gleichzeitige Berechnungsprozesse und den gemeinsamen Zugriff auf die riesigen Datenressourcen.
  • Zukünftig sollen Roboter von den leistungsstarken Rechnungs-, Speicher- und Kommunikationsressourcen moderner Clouds profitieren und dadurch letztendlich auch dem Menschen deutliche Erleichterung und Effizienzsteigerungen ermöglichen.
  • Zahlreiche Projekte und Initiativen beschäftigen sich seit einiger Zeit mit dem Thema Cloud Robotics und versuchen auf unterschiedlichen Gebieten die Idee der smarten Kommunikation unter Geräten zu verwirklichen.
  • Dennoch steht die Entwicklung der Cloud Robotics noch Herausforderungen und Problemstellungen gegenüber, die es zu lösen gilt.

Quellen: