5. April 2015

Das Institut zur Förderung des IT-Nachwuchses – vorgestellt von Bernhard Löwenstein

Bernhard Löwenstein vom IFIT hat die Roboterwelt bereits auf der vergangenen IoTCon mit seinem Robotervortrag begeistert. Wir haben ihn deshalb kurzerhand um ein weiterführendes Interview gebeten, um von ihm noch mehr über das Institut selbst und seine Aufgaben zu erfahren. Hier nun das spannende Ergebnis.

IFIT-Logo

Dana Neumann: Herr Löwenstein, was genau ist das Institut zur Förderung des IT-Nachwuchses, wie kam es zu seiner Gründung und wer steckt eigentlich dahinter?

Bernhard Löwenstein: Das Institut zur Förderung des IT-Nachwuchses (IFIT) ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz im niederösterreichischen Scheibbs und verfolgt das Ziel, Kinder und Jugendliche durch verschiedene Technologie-Workshops für die Informationstechnologie und Technik zu begeistern.

Die Institutsgründung erfolgte lustigerweise eher zufällig. IFIT wurde nämlich Ende 2011 eigentlich nur als Trägerverein für meine Lehrveranstaltung an der TU Wien gegründet. In jener sollten meine Studierenden ein Unterrichtskonzept für einen viertägigen Lego Mindstorms NXT-Workshop konzipieren und an echten SchülerInnen ausprobieren („Junior Teachers meet Junior Developers“). Der Kurs war in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Ein Freund von mir bekam davon Wind und fragte mich, ob wir nicht auch in der Schule, die seine Tochter besuchte und in der seine Frau unterrichtet, einen Roboterkurs durchführen wollen. Wir bestellten daraufhin sechs Lego Mindstorms NXT-Baukästen. Einen Tag vor Kursbeginn wurden die bereits heiß erwarteten Sets doch noch rechtzeitig geliefert. Auch dieser Workshop lief bestens ab. Irgendwie hat sich das Ganze dann verselbstständigt.

Heute ist IFIT der größte MINT-Förderverein Österreichs und richtet jährlich mehr als 100 Workshops in ganz Österreich aus (Anmerk. d. Red.: MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Mittlerweile führen uns die Aktivitäten sogar ins Ausland. Ich bin ehrenamtlicher Obmann und quasi das Mädchen für alles im Verein. Claudia und Franz Muthentaler sind als Obmann-Stellvertreter tätig und unterstützen mich organisatorisch. Als TrainerInnen fungieren neben uns großteils Lehramtsstudierende (vor allem der Informatik) im letzten Studienabschnitt.

Halbportrait von Bernhard Löwenstein Bernhard Löwenstein und Franz Muthentaler © IFIT

Dana Neumann: Wie sehen die Tätigkeiten des IFIT im Detail aus, d.h. welche Veranstaltungen bieten Sie an und welche Zielgruppen sind dabei für Sie interessant?

Bernhard Löwenstein: IFIT bietet unterschiedlichste Technologie-Workshops an. Beim Großteil der Kurse gelangen Roboter zum Einsatz. Wir bieten aber auch eine Technikwissen unplugged-Reihe zu den Themen Computer, Internet und Navigationssystem sowie einen Verschlüsselungs-Workshop an. Scratch und die Entwicklung von Mods für Minecraft können die Kinder und Jugendlichen ebenfalls bei uns erlernen. Bestens werden auch unsere Trickfilmkurse angenommen. Mittels Stop-Motion-Verfahren und unter Verwendung von Plastilin, Playmobil, Lego und weiteren Werkstoffen entstanden hier schon jede Menge kreative Werke. Weitere neue Kursformate beschäftigen sich mit der Elektrizität und Elektronik.

Dazu kommen meine Lehrveranstaltung an der TU Wien sowie Vorträge bei Konferenzen und unzählige Fachartikel und Publikationen. Weiterhin sind wir bei unterschiedlichen Projekten beratend tätig.

Was die Kursformate und die Altersgruppen betrifft, sind wir maximal flexibel. Ermöglicht wird dies durch die ausgezeichnete pädagogische, didaktische und technische Ausbildung unserer TrainerInnen. Diese Flexibilität würde ich auch als die große Stärke von IFIT ansehen. Während viele Organisationen nur Kurse von der Stange bieten, gestalten wir jeden Kurs ganz individuell nach den Wünschen der Auftraggeber bzw. gemäß den vorhandenen Gegebenheiten. So führen wir Kurse von 45 Minuten bis 40 Stunden durch, gestalten Kurse für Kindergartenkinder bis hin zu Programmierprofis, betreuen jugendliche Straffällige genauso wie hochbegabte Kinder, gehen direkt in die Schulen oder laden zu Wochenend- bzw. Ferienkursen ein. Auch in der Mädchenförderung sind wir aktiv tätig. Darüber hinaus verleihen wir auch unser gesamtes Equipment kostenlos an Bildungseinrichtungen.

Dana Neumann: Mit welchen Robotern bzw. Programmierumgebungen arbeiten Sie bei Ihren Kursen und Workshops?

Bernhard Löwenstein: Wir setzen Bee-Bots für Kurse mit Kindergartenkindern und SchülerInnen der 1. und 2. Schulstufe ein. Danach beginnen wir schon mit Lego Mindstorms EV3. Lego WeDo hatten wir auch einmal ausprobiert, konnten aber wenig Sinn darin erkennen. Zur Mindstorms-Programmierung verwenden wir die von Lego standardmäßig bereitgestellte graphische EV3-Software. Bereits GrundschülerInnen ab der 3. Schulstufe können damit tolle Projekte umsetzen. Aber auch Lernende der Sekundarstufe I lassen sich damit für die Robotik und Programmierung begeistern. Der humanoide NAO-Roboter kommt ab der 5. Schulstufe zum Einsatz.

NAO-Roboter mit User-Interface

Der NAO-Roboter Frank mit Programmierumgebung © Roboterwelt

Als Programmierumgebung verwenden wir hierbei Choregraphe. Mit Frank und Naomi verfügt IFIT über zwei NAOs. Zur Vermittlung der textuellen Programmierung (ab der 7. Schulstufe) setzen wir einerseits auf Lego Mindstorms EV3 in Kombination mit Eclipse und der zugehörigen Java-API leJOS EV3. Mit dem Acrob setzen wir andererseits aber auch einen Arduino-kompatiblen Roboter ein, der sich über die Arduino IDE in einer C-ähnlichen Sprache programmieren lässt. Weiterhin kann man den NAO mittels Python und C++ programmieren. Die Robotiksysteme und Sprachen gehen uns also nicht so schnell aus.

Die Bee-Bots

Bee-Bots im Einsatz bei einem Ferienkurs © IFIT

Dana Neumann: Gibt es Kooperationen mit anderen Institutionen bzw. Unternehmen?

Bernhard Löwenstein: Ja, wir arbeiten mit diversen Bildungseinrichtungen (von Kindergärten über Schulen bis hin Universitäten) und Organisationen (von Gemeinden über Landesakademien bis hin zu anderen Fördervereinen) zusammen. Einige dieser Kooperationen gibt es bereits seit Jahren, andere dauern auch nur ein gemeinsames Projekt lang.

Dana Neumann: Welche sind für Sie die größten Erfolge, die Sie mit IFIT bisher erreichen konnten?

Bernhard Löwenstein: Das lässt sich schwer sagen, denn im Grunde schwimmen wir von Beginn an auf einer niemals für möglich gehaltenen Erfolgswelle. Wann immer ich dachte, dass ein Ereignis nicht mehr zu toppen sei, wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Der größte Erfolg ist sicherlich, wie sich IFIT trotz ausschließlich ehrenamtlicher Führung und nur sehr bescheidener Förderungen seitens der öffentlichen Hand in nur vier Jahren entwickelt hat. Wir stehen aktuell bei 258 durchgeführten Workshops mit insgesamt 3.889 Teilnehmenden – und verdoppeln fast jedes Jahr die Kursanzahl. Uns liegen heute schon Kursvereinbarungen für das Jahr 2016 vor. Dazu brachten wir es auf 221 mir bekannte Presseartikel, unter anderem in allen nennenswerten österreichischen Tageszeitungen.

Stolz bin ich auf das mit der Niederösterreichischen Landesakademie entwickelte Talentehaus MINT. Bei diesem Programm trainiere ich hochbegabte Kinder zwischen 12 und 14 Jahren drei Semester lang in Sachen Roboterprogrammierung. Ungefähr einmal im Monat findet ein ganztägiger Workshop statt. Zusätzlich sind von den Teilnehmenden Aufgaben auszuarbeiten (im Ausmaß von ca. 10 Stunden pro Woche) und per Moodle abzugeben. Im Juli wird der erste Jahrgang fertig. Es ist beeindruckend, wie großartig sich die teilnehmenden Kids entwickelt haben. Hier wachsen wahre Persönlichkeiten heran.

Ich finde es weiterhin toll, zu welcher Popularität es unsere beiden Superroboter Frank und Naomi gebracht haben. Sie sind jedenfalls immer ein Garant dafür, dass die Smartphones gezückt werden, wenn sie wo auftreten. Die beiden hatten bereits Auftritte bei Hochzeiten, Konferenzen, Messen, etc. Auch im Fernsehen und Radio waren sie schon zu sehen bzw. zu hören. Meine beiden Robokids werden von fast allen Kindern geliebt und dürfen sich immer wieder über nette Geschenke freuen. Jedoch auch Erwachsene sind von den beiden meist sehr angetan. Frank holte ich im Februar 2013 persönlich aus Paris ab. Das einwöchige NAO-Programmiertraining direkt im Headquarter von Aldebaran Robotics war ein unvergessliches Erlebnis.

NAO-Roboter Frank begeistert Kinder mit Macarena

NAO-Roboter Frank begeistert Kinder mit dem Macarena © IFIT

Nachdem sich zeigte, dass sich sinnvolle Kursaktivitäten nur mit mindestens zwei NAOs durchführen lassen, entschied ich bei einem atemberaubenden Sonnenaufgang im Death Valley spontan, einen zweiten NAO zu bestellen. Den Kaufvertrag für Naomi schickte ich dann aus Seattle nach Paris. Wenige Wochen später brachte uns der Paketdienst Naomi in Scheibbs vorbei. Zur Finanzierung der beiden griff ich tief in die eigene private Tasche. Die Freude, die uns die beiden Humanoiden bisher bescherten, war es definitiv wert.

Bernhard Löwenstein Mit Frank und Naomi

Bernhard Löwenstein mit Naomi (links) und Frank (rechts) © IFIT

Im Grunde sind es aber doch eher die kleinen Momente, die uns große Freude bereiten und dazu motivieren, weiterhin viel Freizeit in das Projekt IFIT zu investieren. So besuchen uns manche Kinder schon von Beginn an bei den Ferienprogrammen. Teilweise schreiben uns Eltern schon ein halbes Jahr vorher und fragen nach, ob es eh wieder einen Sommerkurs gibt, da sich ihre Kinder schon so darauf freuen. Ein Bursche hat überhaupt an allen in seiner Region durchführten IFIT-Kursen teilgenommen. Auch heuer ist er bereits für den Sommer-Workshop angemeldet, obwohl die Kursausschreibung noch gar nicht veröffentlicht wurde. Darüber hinaus bekommen wir immer wieder als Feedback zu hören, dass die Kinder zuhause während eines Kurses wie ausgewechselt sind und mit viel Stolz von ihren Erlebnissen erzählen – und das, obwohl sie sonst nur selten von sich aus etwas erzählen. Auch von Kindern, die vor lauter Vorfreude auf die nächste Kurseinheit die Tage bis dahin zählen, wird uns immer wieder berichtet. Vom letzten Bienenroboterkurs habe ich vernommen, dass sich ein Kind seitdem zuhause nur mehr in Form eines Bee-Bots „steuern“ lässt. Ein Grundschüler meinte beim letzten Lego Mindstorms EV3-Kurs, dass dies für ihn die bisher schönste Schulwoche gewesen ist. Der Klassiker bei Schulkursen ist, dass man die Lernenden geradezu verpflichten muss, sich Pausen zwischendurch zu gönnen. An solchen Workshop-Tagen ist es dann auch nicht schlimm, wenn der heißgeliebte Turnunterricht ausfällt. Ich denke also, dass wir in den letzten Jahren vieles richtig gemacht haben.

Dana Neumann: Gibt es Pläne für die weitere Zukunft? Wie wollen Sie Ihre Tätigkeiten ausbauen bzw. in welche Richtung soll es in Zukunft gehen?

Bernhard Löwenstein: Wir wollen unsere Aktivitäten natürlich ausbauen. Der Fokus soll weiterhin auf Roboterkursen liegen. Zusätzlich wollen wir verschiedene andere neue Konzepte und Ideen ausprobieren und sofern diese gut ankommen, weiter verfolgen. Ich denke, dass sich für jedes technische Gebiet spannende und altersgerecht gestaltete Kurse konzipieren lassen.

Ansonsten werden wir IFIT noch etwas umstrukturieren, um den Verein auf neue Beine zu stellen. Mit rund 40 ehrenamtlichen Wochenstunden für IFIT bin ich neben meinem Hauptberuf als IT-Trainer und Consultant mittlerweile am Limit. Darüber hinaus stapeln sich in meiner Wohnung mittlerweile über 100 Roboter. Leider kann keiner von ihnen etwas Nützliches – nicht einmal staubsaugen oder die Wäsche machen. Für die beiden genannten Probleme gibt es bereits relativ konkrete Lösungsideen, allerdings müssen wir noch die Finanzierung klären. Eines ist aber gewiss: Wir haben noch große Pläne für die Zukunft!

Dana Neumann: Wie kann man IFIT unterstützen?

Bernhard Löwenstein: Wir suchen immer neue Sponsoren, um weitere Technologien ankaufen zu können. Darüber hinaus bieten wir eine Bausteinaktion. Gegen eine Spende von 25 Euro kommt ein Name oder ein Logo auf einen Duplo-Baustein, der unserer Unterstützermauer hinzugefügt wird. Außerdem suchen wir ständig aussortierte Notebooks, die sich noch für unsere Kursaktivitäten verwenden lassen. Wer also solche zuhause oder in der Firma hat, möge mich bitte kontaktieren.

Dana Neumann: Herr Löwenstein, ich danke Ihnen sehr für dieses Interview.