8. Juni 2015

Maker Faire Hannover 2015: Faszination verbindet

Als lockeres DIY-Festival präsentiert sich die Maker Faire Hannover 2015 einem bunt gemischtem Publikum.

Es ist blendendes Wochenendwetter und doch zieht es viele Hannoveraner ins Innere: Im Hannover Congress Centrum präsentiert sich die Maker Faire 2015. Ein Spielplatz für Jung und Alt, Diskussionsforum und Austauschplattform, Lern- und Spaßraum. Britta Zachau und Sebastian Scholtysek von Roboterwelt.de haben sich auf dem DIY-Festival umgesehen.

Von Steampunk über Biohacker bis zu Kinderspielzeug

Schon als wir die erste Halle betreten, fällt uns die lockere Atmosphäre auf. Eine Stunde nach Beginn der Maker Faire ist es ziemlich voll. Musik der anderen Art kommt von den Ständen der Steampunker direkt am Eingang. „Das ist eine Lebenseinstellung“, findet Philip Steffan, Redakteur vom Make Magazin, der uns herumführt, „eine Kombination aus Maker, Handwerker, Bastler, Elektronik und Stil!“ Die Produkte der Steampunker faszinieren durch ihre außergewöhnliche Retro-Optik. Der Stand daneben gehört der TechnikGarage, die sich mit Bioinformatik beschäftigt: Sie entwickelt Geräte für biochemische Geräte als Open Source. „Das ist eine Nebenschiene der Maker-Szene. Hier geht es nicht um Elektronik oder 3D-Druck, sondern um DNA. Das ist ein neuer Bereich dieses Jahr – das hatten wir bisher noch nicht“, erklärt Philip. Vai Kai hingegen entwickelt Kinderspielzeug. Das Startup veröffentlicht nächste Woche seine Kampagne bei Kickstarter. Bei ihrer Entwicklung handelt es sich um interaktive elektronische Puppen aus Holz, die Sensoren eingebaut haben. Während wir weitergehen, fliegt ein etwa anderthalb Meter großes Luftschiff über unsere Köpfe hinweg. Auch dieses ehemalige Studentenprojekt erhofft sich Unterstützung durch Crowdfunding.

Datenprojekte, Bastlerbedarf und Häkelfahrräder

Philipp Kalweit ist der jüngste Aussteller auf der Maker Faire 2015: Mit seinen gerade mal 14 Jahren ist er bereits begeisterter Hacker und Entwickler. Sein DaPro-Projekt (Datenprotokollant) warnt den Besitzer eines Smartphones, wenn dieses ungefragt Geodaten versendet. „Wenn man Facebook als App installiert hat, vibriert die ‚Datenbrille‘ alle dreißig Minuten“, lacht er.

Der 14-Jährige Philipp Kalweit erklärt sein DaPro-Pojekt.
Der 14-Jährige Philipp Kalweit erklärt sein DaPro-Pojekt. © Roboterwelt

Nicht nur lokale Technikprodukte gibt es auf der Maker Faire, sondern auch lokale Verköstigung: Sowohl der Kaffee als auch das Eis sollen das Beste aus der Region sein. Vorbei an Bobby-Cars, die für Rennen umgebaut wurden, und Fahrzeugen, die mit Akkuschraubern angetrieben werden, kommen wir zu einem Stand, an dem Ersatzteile für Bastler angeboten werden. Doch Philip betont: „Die Mischung ist wichtig, wir wollen nicht Richtung Elektro- oder Kram-Messe gehen“. Deswegen gebe es nur wenige solcher flohmarktähnlicher Stände.

Hier werden neue Fahrzeugformen entworfen.
Hier werden neue Fahrzeugformen entworfen. © Roboterwelt

Auch Sponsoren der Maker Faire sind vertreten, wie beispielsweise die Firma reichelt elektronik oder üstra. Immer mehr Institutionen aus dem technischen Bereich lassen sich von der Maker-Szene inspirieren und erkennen, dass ihre eigenen Mitarbeiter und Auszubildenden auch in gewisser Weise Maker sind. Auf der Maker Faire präsentieren sie ihre Arbeit und werben um Nachwuchs.

Doch es muss nicht immer Elektronik sein. Auf der Maker Faire ist ebenso Platz für klassische Handarbeit wie häkeln und stricken, dabei spiele auch immer die Aktionskunst im öffentlichen Raum eine Rolle. Philip verrät: „Das Fahrrad, das draußen steht, ist bei uns im Verlag in den letzten drei Wochen während der Mittagspausen immer weiter zugehäkelt worden“. Das Ergebnis ist ein buntes Kunstwerk. In Workshops können die Besucher/innen selbst zur Häkel- bzw. Stricknadel greifen.

Besonders den Nachswuchs ansprechen

Auf unserem Weg springen uns laufend Kinder über den Weg. Der Nachwuchs sei ein wichtiges Thema, so Philip. Mädchen und Jungen sollen für Technik begeistert und an ein kreatives Hobby herangeführt werden. „Ich glaube, wer hierherkommt und einmal löten oder einen eigenen Ring schmieden lernt und dabei merkt, dass andere in seinem Alter hier sind und so etwas mitmachen, der geht mit einem ganz wichtigen Eindruck nach Hause.“ Die Stichworte MINT, Ingenieurberufe und Nachwuchsförderung fallen an jeder Ecke.

Hilfe zur Selbsthilfe: Kinder lernen auf der Maker Faire, selbst kreativ tätig zu werden.
Hilfe zur Selbsthilfe: Kinder lernen auf der Maker Faire, selbst kreativ tätig zu werden. © Roboterwelt

Das Projektlabor Berufskolleg Rheine fällt durch eine hohe Kletterwand auf. Diese ist interaktiv, da durch Aufleuchten angezeigt wird, wo man als nächstes eine Hand oder einen Fuß hinsetzen soll. Daneben bewegt sich unermüdlich ein automatisierter Bühnenscheinwerfer. Bereits zum dritten Mal ist die Schülerideenschmiede dabei.

Drohnen und fantastische Fahrzeuge

Auch auf dem Außengelände zwischen den Hallen ist einiges los. Zum ersten Mal belegt die Maker Faire sowohl die Niedersachsen- als auch die Eilenriedehalle und ist gegenüber dem letzten Jahr ein wenig gewachsen. Microsoft hat seinen großen TechTruck im Innenhof geparkt. Ein 800-Kilo schwerer Roboterhund wird von seinem Entwickler, einem italienischen Künstler, durch die Menge geritten. Dass „Lrry“ feuerspeien kann, sorgt für staunende Gesichter. Wir erfahren, dass das aus Schrotteilen zusammengebastelte Reittier mit einem Motor aus einer alten „Ente“ angetrieben wird. Ein weiteres kurioses Gefährt passiert uns: Der Timecruiser stammt aus Holland. Das fantastische Fahrzeug dreht gemütlich seine Runden über das Gelände.

Beeindruckend: Ein "Reittier" aus Schrotteilen.
Beeindruckend: Ein „Reittier“ aus Schrotteilen. © Roboterwelt

Wie aus einem anderen Jahrhundert.
Wie aus einem anderen Jahrhundert. © Roboterwelt

Draußen lohnt sich auch ein Blick nach oben: Mehrere Drohnen fliegen durch die Luft. Am Stand des Verlags Heinz Heise kann man eine Brille aufsetzen, mithilfe derer man die Sicht des Quadrokopters annehmen kann: So, als würde man selbst fliegen. Eine andere Kamera huscht auf einem kleinen Fahrzeug zwischen den Füßen der Besucher/innen umher.

Hoch in die Luft steigt die Drohne über das Gelände der Maker Faire.
Hoch in die Luft steigt die Drohne über das Gelände der Maker Faire. © Roboterwelt

Viele Besucher/innen lassen sich von den Bildern, die die Drohne liefert, begeistern.
Viele Besucher/innen lassen sich von den Bildern, die die Drohne liefert, begeistern. © Roboterwelt

Erfindergeist lässt sich nicht planen

Das Schöne an dem DIY-Festival ist, dass beinahe jeder sein eigenes Projekt vorstellen kann. Philip erzählt von einem Anruf: „Ich habe vorgestern Nacht spontan etwas erfunden, kann ich noch dabei sein?“ Der Anrufer konnte – und erklärt dem Publikum begeistert seine Midi-steuerbare Hochleistungssirene. Im Programmheft konnte dieser Stand leider nicht mehr aufgenommen werden – „Doch der macht schon genug auf sich aufmerksam!“ lacht Philip. Mehr als 95 % der Anfragen von Ausstellern habe er angenommen. Er achte darauf, dass die Projekte möglichst interaktiv seien. „Die Idee ist, dass der Großteil private Makerprojekte sind“.

LEDs, Roboter und eine Überraschungsmaschine

Im Eingang der Niedersachsenhalle befinden sich Photonik-Projekte: Elektronik, die mit Licht arbeitet, wie blinkende Kleidung. Ein paar Schritte weiter kann man mithilfe eines Zauberbesens, einer Brille und einem Kopfhörer wie Harry Potter durch die Luft fliegen. Am anderen Ende des Raums fühlen wir uns unter Kollegen: Hier tummeln sich Robotikstände wie das Robotiklabor, Roboternetz, VARIOBOT (Tino Werner hat bereits in einem Gastbeitrag bei uns seine Roboterspinne „spido“ vorgestellt) und ZOOBOTICS (Mit Daniel Kocyba haben wir bereits letztes Jahr auf der Make Munich ein Interview geführt). Der Andrang ist so groß, dass man die Aussteller fast gar nicht mehr sehen kann.

 

Auch das Robotiklabor präsentierte sich auf der Maker Faire.
Auch das Robotiklabor präsentiert sich auf der Maker Faire. © Roboterwelt

Roboterfans unter sich: Britta Zachau von Roboterwelt im Gespräch mit Markus Knapp von Robotiklabor.
Roboterfans unter sich: Britta Zachau von Roboterwelt im Gespräch mit Markus Knapp von Robotiklabor. © Roboterwelt

Die Werke aus Hannover, eine offene Werkstatt, lockt mit „#DERMASCHINE“ viele Neugierige an: Wer durch eine kleine Klappe an einem großen Holzquader einen Gegenstand schiebt, bekommt nach einer Wartezeit eine „Überraschung“ heraus.

Was macht diese Maschine? Die Neugier ist groß.
Was macht diese Maschine? Die Neugier ist groß. © Roboterwelt

Darüber, dass die Aussteller sich mittlerweile immer mehr extra für die Maker Faire mit innovativen Aktionen vorbereiten, freut sich Philip besonders: „Es ist bei den Leuten angekommen, dass sie nicht einfach nur einpacken und hinfahren, sondern extra auf diesen Termin hinarbeiten.“ Ein richtiges Event sei die Maker Faire geworden. Besondere Schwerpunkte gebe es mit Absicht nicht, da eine gute Mischung zwischen Highlights wie außergewöhnlichen Fahrzeugen, FabLabs, Robotik und elektrofernen Themen angestrebt werde, die eine breite Masse vom Kind bis zum Rentner anspreche. „Die Faszination, mitmachen zu können, verbindet und damit gehen die meisten nach Hause“, sagt Philip, und dann: „Was stinkt denn hier so?“. Hinter uns ist irgendetwas durchgebrannt. Das passiert auf einer Maker Faire schon mal, wenn man nicht nur zuschauen, sondern selbst basteln darf. Probieren ging schon immer über studieren.

Danke an Philip Steffan und Sylke Wilde für den Rundgang und das Interview! Kurzinterviews mit den für uns spannendsten Ausstellern könnt ihr im Laufe der nächste Woche hier auf Roboterwelt.de lesen.

Update: 10.150 Besucher haben die Maker Faire Hannover 2015 insgesamt besucht. Auf 9.035 m² haben rund 150 Maker ihre Projekte gezeigt.

Wir hatten einen spannenden Tag auf der Maker Faire 2015 in Hannover! Vielen Dank an das Organisationsteam und die Aussteller!
Wir hatten einen spannenden Tag auf der Maker Faire 2015 in Hannover! Vielen Dank an das Organisationsteam und die Aussteller! © Roboterwelt

Hier noch ein paar weitere visuelle Eindrücke:

Roboter faszinieren Kinder.
Roboter faszinieren Kinder. © Roboterwelt

Die kleinen Roboter "tibo" von VARIOBOT können einer festgelegten Linie folgen.
Die kleinen Roboter „tibo“ von VARIOBOT können einer festgelegten Linie folgen. © Roboterwelt

Auch Pause muss sein! Für einen Mittagssnack war auf der Maker Faire gesorgt.
Auch Pause muss sein! Für einen Mittagssnack ist auf der Maker Faire gesorgt. © Roboterwelt

Ins Gespräch vertieft: Technikfans unter sich.
Ins Gespräch vertieft: Technikfans unter sich. © Roboterwelt

Was fliegt denn da?
Was fliegt denn da? © Roboterwelt

Alle paar Meter wartet ein anderes spannendes Projekt.
Alle paar Meter wartet ein anderes spannendes Projekt. © Roboterwelt

Diese kleinen Roboter gehören zum Stand der IGS Mühlenberg.
Diese kleinen Roboter gehören zum Stand der IGS Mühlenberg. © Roboterwelt

Auch die Universität Hannover ist vertreten.
Auch die Universität Hannover ist vertreten. © Roboterwelt

Die Freude ist auch bei den ganz Kleinen groß, denn es gibt viel zu Entdecken.
Die Freude ist auch bei den ganz Kleinen groß, denn es gibt viel zu Entdecken. © Roboterwelt