25. Februar 2015

Roboter im All – Ein Eckpfeiler der deutschen Raumfahrtstrategie

Bereits seit fünf Jahren setzt die deutsche Bundesregierung innerhalb ihrer offiziellen Raumfahrtstrategie verstärkt auf Robotik und Automation. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt arbeitet sie daran, sowohl wirtschaftlich als auch politisch wichtige Fortschritte durch die Weltraumrobotik zu erzielen.

Roboter sind in aller Munde. Als bedeutender Teil des technologischen Fortschrittes und der bevorstehenden sogenannten 4. Industriellen Revolution halten sie global nicht nur Einzug in die Wirtschaft, sondern zunehmend auch in die Politik. Neben Japans „Roboter Revolution“, die bis zum Jahr 2020 realisiert werden soll, hat sich die deutsche Bundesregierung mit dem Zukunftsprojekt „Industrie 4.0“ den Robotern und deren Vernetzung verschrieben. Doch weshalb nur im kleinen Rahmen denken?

Seit 2009 gehört die Weltraumrobotik (Automation und Robotik) als wesentlicher Bestandteil auch zur deutschen Raumfahrtstrategie und wird vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR umgesetzt. Mit dem Fokus auf innovative Projekte, die neue Impulse setzen sollen, wird die Weltraumrobotik zunehmend ausgebaut. Die Gründung des neuen Robotik- und Mechatronikzentrums im DLR sowie die Förderung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz durch die Bundesregierung begleiten dieses Vorhaben.

Erde mit Mond

© Bild: DLR, CC-BY 3.0

Zielsetzungen

Im Rahmen der Initiative sind es zunächst wirtschaftliche Ziele, die mit dem Ausbau der Weltraumrobotik einhergehen. So gilt es beispielsweise, kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) aktiv einzubeziehen und deren Innovationskraft für technologische Fortschritte in diesem speziellen Bereich nutzbar zu machen. Darüber hinaus steht die Kompetenzerhöhung deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Automation und Robotik im Vordergrund, die wichtige Standards und Grundlagen erarbeiten können. Dadurch wird natürlich nicht zuletzt die wirtschaftliche Wertschöpfung angestrebt, die vor allem mittels Transfer über die Raumfahrtindustrie hinaus in den Nichtraumfahrtbereich ihr Potenzial entfalten und Deutschlands Wettbewerbsposition auf den stark umkämpften kommerziellen Raumfahrtmärkten ausbauen soll.

Die politische Zielsetzung der Bundesregierung umfasst dagegen im globalen Kontext die Stärkung der deutschen Position innerhalb der Zusammenarbeit zur robotischen Erforschung des Sonnensystems, aber auch deutsche Beiträge zum globalen Umweltmanagement sowie die effiziente Unterstützung hoheitlicher Aufgaben.

Raumfahrttechnik im Alltag

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi sieht die Raumfahrt unlängst als einen festen Bestandteil des normalen Alltags. Besonders Technologien, die gleichermaßen von Unternehmen und Individuen genutzt werden, haben ihren Ursprung oftmals in der Forschung und Entwicklung von Raumfahrtanwendungen. Die eindringlichsten Beispiele dafür sind Fernsehen, Kommunikation und Navigation via Satelliten, aber auch die Erdbeobachtung zur Ergreifung präventiver Maßnahmen in Krisensituationen sowie zur Klimaforschung oder infrastrukturellen Planung gehören dazu.

Deutschlands Beiträge zur Exploration des Sonnensystems zeichnen sich dabei vor allem durch wissenschaftliche und technologische Unterstützung aus. Diese beinhaltet beispielsweise die deutsche Zuarbeit zur Rosetta-Mission, die auch die Landung von Philae im Jahr 2014 umfasste. Darüber hinaus gehört Deutschland als eine der führenden europäischen Raumfahrtnationen zu den an der Internationalen Raumstation ISS sowie der Produktion, dem Einsatz und der Entwicklung der Trägerraketen Ariane-5 und der neuen Ariane-6 beteiligten Länder. Aus diesem Grund zählt die technologische Weiterentwicklung robotischer Fähigkeiten, Mechatronik, künstlicher Intelligenz und autonomer Systeme als Zukunftstechnologie zu den größten Bestrebungen der Bundesregierung, der besonders die Verbindung von Weltraumrobotik und terrestrischer Robotik als Herausforderung gegenüber steht.

Spaceshuttle Endeavor über Neuseeland

© Bild: NASA

Projekte und Missionen

Die Weltraumrobotik ist grundlegend in die folgenden Gebiete und internen Projekte unterteilt:

  • Programmatisches Ziel:
    • Weltraumroboter (flug)-missionen und Studien (gefördert durch die nationalen und europäischen Weltraumorganisationen)
  • Unterstützungstechnologien und Methodologien:
    • Leichtgewichtige Roboter
    • Frei bewegliche Arme
    • Mechatronische Komponenten
    • Weltraumroboterdynamik
    • Telerobotik/ Telepräsenz
    • Autonomie und Kompetenztransfer

Da autonomen und intelligenten Robotersystemen eine Schlüsselfunktion bei der weiteren Erkundung des Weltraumes beigemessen wird, ist ihr Einsatz zunehmend für die Landung auf Planeten, Monden und Asteroiden sowie deren Erkundung, den Betrieb und die Wartung von Weltraumstationen, Satelliten und anderen Plattformen, Kostenersparnis sowie die Entlastung des Menschen von gefährlichen Aufgaben vorgesehen.

Im Zentrum der Projekte für Raumfahrtrobotik steht deshalb die sogenannte Deutsche Orbitale Servicing-Mission (DEOS), mit Hilfe derer das Raumfahrtmanagement des DLR eine Erprobungsmission zur Wartung, Reparatur und kontrollierten Rückholung defekter Satelliten entwickelt. Das Besondere der DEOS ist dabei die mögliche Demonstration aller signifikanten Technologien des On-Orbit-Servicing, die vom Finden und Anfliegen eines Satelliten über dessen Einfangen und der Ergreifung notwendiger Maßnahmen (z.B. Betankung, Reparatur oder Bauteilaustausch) bis hin zur eventuellen, endgültigen Entsorgung reichen. Für die Ausführung der DEOS wurden zwei Satelliten konstruiert, ein passiver Zielsatellit und ein aktiver Servicesatellit, die miteinander in Aktion gebracht werden, um die entsprechenden Manöver zu simulieren. Aus den Erkenntnissen dieser Tests erhofft sich das DLR-Raumfahrtmanagement technologische Entwicklungen der Raumfahrtinfrastruktur, die zur effektiven Beseitigung und Vermeidung von Raumfahrtrückständen beiträgt und die Nachhaltigkeit in der Raumfahrt stärkt. Bisherige Szenarien sehen beispielsweise Serviceroboter im All vor, die Satelliten im Erdorbit kontrollieren und warten oder entsorgen, sowie ein mögliches Flottenmanagement durch Satellitenbetreiber.

Laufende Missionen

CSA Kooperation: Der Beitrag Kanadas zur ISS ist das Mobile Servicing System MSS, das sich aus dem Mobilen Fernservice-Basissystem MBS (Mobile Remote Servicer Base System), dem Raumstation Fernmanipulatorsystem SSRMS (Space Station Remote Manipulator System) und der geschickten Arbeitsvorrichtung für Sonderzwecke SPDM (Special Purpose Dexterous Manipula­tor) zusammensetzt.

ROKVISS: Deutschlands jüngstes Weltraumroboterprojekt wurde erfolgreich am 24. Dezember 2004 vom Kosmodrom Baykonur aus gestartet. Bei einem Außeneinsatz im All am 26. Januar 2005 wurde die ROKVISS-Experimenthardware an der äußeren Hülle des russischen Svesda-Moduls moniert.

OLEV: Das orbitale Lebensdauerverlängerungsvehikel OLEV fungiert als ein orbitaler Schlepper, der Telekommunikationssatelliten mit Antrieb, Navigation und Führung versorgt und diesen dadurch viele zusätzliche Jahre an seinem orbitalen Platz hält.

Abgeschlossene Missionen

AROMA (2000-2002): Die ESA-Studie drehte sich hauptsächlich um die Definition von Roboterkonfigurationen für verschiedene Zwecke im modularen Design und befestigt an unterschiedlichen Mars Rover Modellen. Das DLR trug seinem Teil im Rahmen der Studie durch die Bestimmung angemessener Robotergeräte für die Inspektion und Überwachung des Mars‘ bei.

EUTEF (1998 und 1999): Das DLR und sein italienischer Industriepartner Carlo Gavazzi entwickelten Subsysteme für das Esa-Projekt EUTEF (European Technology Exposure Facility). Es wurden detaillierte Konzepte besprochen bezüglich der Anbringung von Paletten an der Außenhülle der ISS, wo ein Roboterarm operativ Ladung handhaben sollte.

CIRCUS: CIRCUS ist eine kompakte, integrierte Roboterkontrolleinheit und ein Servoverstärker für interne Roboterarme mit weiteren sieben Freiheitsgraden an der ISS und den befestigten Greifern.

ESS: Aufbau von Laborexperimenten zum Studieren des dynamischen Verhaltens und der Verbindungsfähigkeiten eines freifliegenden Wartungssatelliten ESS (Experimental Servicing Satellite), der aus einem Roboterarm auf einem konventionellen Gewinde besteht.

GETEX (19.-21. April 1999): Das telerobotische Programmiersystem des DLR wurde benutzt, um den Roboterarm auf dem japanischen ETS-VII-Satelliten zu steuern. Diese Experimente (GETEX, German ETS-VII Technology Experiments) zielten auf die Verifikation der telerobotischen Bodenkontrollstation zur Fernsteuerung eines freischwebenden Roboters.

MISSIS (2000): Die national geförderte Studie MISSIS (Mobile Inspection and Service System for ISS) zielte auf die Entwicklung eines mobilen Inspektions- und Servicesystems für das ISS-Columbus-Modul. Das Hauptziel lag in der Demonstration fortgeschrittener Technologien für die Sicherheitsverbesserung der Station bei gleichzeitiger Reduktion von Extra-Fahrzeugaktivitäten (EVA) und damit der Zeitersparnis für andere Forschungstätigkeiten.

ESS-OSS (1999): Eine Studie, die 1999 initiiert wurde, um einen Wartungssatelliten für den Einsatz im niedrigen Erdorbit (LEO). Hintergrund war die Rettung des Wissenschaftssatelliten ROSAT, der gebaut wurde ohne Stoßantrieb zum Verlassen des Orbits.

PSPE: Innerhalb des Projektes PSPE (European Payload Support for Planetary Exploration) zur Untersuchung der Durchführbarkeit robotisierter Planetenexploration hat das DLR ein Konzept für die Konfiguration und Kontrolle einer Lander Raumsonde vorgeschlagen, das geowissenschaftliche Arbeiten auf dem Mars ermöglichen sollte, aber mit höherer lokaler Autonomie.

ROGER (2002): Durchführungsstudie für die ESA über das Einfangen eines nicht-kooperativen Zielsatelliten im geostationären Orbit und dessen anschließendes Verlassen des Orbits in den Friedhofsorbit. Das DLR war beteiligt an der Analyse von zwei Strategien, die beide einen Verfolgungssatelliten mit Spannseil beinhielten, an dessen Ende sich ein Netz oder ein Robotergreifer zum Einfangen befindet.

ROTEX (1993): ROTEX (Robot Technology Experiment on Spacelab D2-Mission) war Deutschlands Startschuss für die Teilnahme an der Weltraumautomation und –robotik. Es beinhaltete soviel sensorbasierte Autonomie an Bord wie möglich, nahm auf der anderen Seite jedoch an, dass die Kooperation von Mensch und Maschine, basierend auf kraftvollen telerobotischen Strukturen, für viele Jahre die Grundlage für leistungsstarke Weltraumrobotersysteme sein wird, die vom Boden aus kontrolliert werden.

Quellen