20. März 2015

Roboterwelt besucht das Innovative Surgical Robotics Forum 2015

Am 18. März fand im Cavendish Conference Centre London das Innovative Surgical Robotics Forum 2015 statt, das in diesem Jahr vom Londoner King’s College veranstaltet wurde. Roboterwelt hat sich auf der Konferenz umgeschaut und mit einigen sehr interessanten Teilnehmern gesprochen.

Cavendish Conference Centre

Das Cavendish Conference Centre in London © Cavendish Conference Venues

Das Cavendish Conference Centre liegt in einer hübschen Seitenstraße, etwa 8 Minuten zu Fuß vom der U-Bahnstation Oxford Circus entfernt. Ein paar dezente Schilder, die den Namen und das Logo des Centres tragen, weisen Teilnehmern den Weg zum Eingang, nach dem es auch direkt einige Treppen hinunter ins Untergeschoss geht. Bereits beim Betreten der unteren Räumlichkeiten lassen sich die ersten Vortragsstimmen vernehmen, die etwas gedämpft, aber recht deutlich durch die Gänge wabern. Ich bin ein wenig zu spät, gut zu erkennen an der kurzzeitig nicht nicht besetzten Rezeption, die jedoch sofort von einer heraneilenden, sehr freundlichen Dame wieder übernommen wird. Nachdem ich meinen Namen genannt und den Ausweis präsentiert habe, bemerkt sie „Ach ja, Helge hat schon gesagt, dass Sie kommen würden.“

Helge, das ist Dr. Helge A. Würdemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am King’s College & EU Projektmanager, und unser sehr engagierter Ansprechpartner für die Organisation der Teilnahme bzw. Interviews. Gemeinsam mit Prof. Kaspar Althoefer (ebenfalls King’s College) wird er die von beiden in Zusammenarbeit mit Innovate UK und der EU Kommission auf die Beine gestellte Konferenz moderieren, sich aber auch um die Begrüßung, Koordination und gute Befindlichkeit der anwesenden Sprecher und Gäste kümmern.

Podium Prof. Althoefer

Das Moderationsgremium des Veranstaltungsbereiches zur klinischen Perspektive © roboterwelt.de

Nachdem ich mein Namensschild mit zugehörigem Unternehmensverweis angesteckt habe, begebe ich mich noch einmal eine Treppe hinunter zum Auditorium. Als ich den Raum betrete, spricht gerade Phil Williams vom Knowledge Transfer Network zur Begrüßung. Ich setze mich direkt in die zweite Reihe, denn vorne sieht und hört man ja bekanntlich besser. Dabei fällt mir auf, dass Wissenschaftler wohl einen berüchtigten Sinn für Süßigkeiten haben müssen. Neben den üblichen Wasserflaschen und Gläsern findet sich auf jedem Tisch eine kleine Schale mit bunten Bonbons und Kaubonbons – für mich persönlich eine ganz hervorragende Idee, auch wenn die Motive dahinter wohl eher praktischer Natur sind.

Kaum, dass ich sitze, habe ich die Gelegenheit, Prof. Althoefer sprechen zu hören, mit dem ich später am Tag noch ein sehr angenehmes Interview führen werde. Er erläutert mit Stolz, wie sich das Forum in nur wenigen Jahren von einem Treffen verschiedener EU Projekte zum Austausch von Wissen und Erfahrungen zur heutigen Veranstaltung entwickelt hat, in die mittlerweile auch die Industrie erfolgreich involviert werden konnte.

Prof. Kaspar Althoefer

Prof. Kaspar Althoefer © roboterwelt.de

Direkt nach ihm tritt Chris Sawyer von Innovate UK an das Podium und zeichnet ein Bild von der Bedeutsamkeit der Robotik-Implementierung in die britische Gesellschaft. Da sich natürlich auch das Vereinigte Königreich aufgrund des demografischen Wandels einer zunehmend alternden Bevölkerung gegenübersieht, deren Anteil an Personen im Alter von 65 Jahren und mehr sichtbar anwächst, wird die Robotik als notwendiger Schritt des Entgegenwirkens betrachtet. Auf den ersten Blick reiht sich diese Sichtweise damit in die Vorhaben anderer Länder, wie z.B. Japan (vgl. Roboterrevolution) oder auch Deutschland (vgl. Industrie 4.0), ein, denen -mal mehr oder weniger im Zusammenhang mit der Gesellschaftsalterung- das bedeutende Potenzial der Robotik durchaus nicht entgangen ist, die aber eben auch ihr Stück vom zukünftigen „Robotik-Kuchen“ abhaben wollen, beispielsweise in Form einer Marktführerschaft. Für Großbritannien geht es dabei laut Chris Sawyer auf dem Gebiet medizinischer Robotik immerhin um ein Markterschließungspotenzial von eindrucksvollen 21 Milliarden britischen Pfund. Das sind umgerechnet 29.237.416.740 Euro.

Nachdem Chris Sawyer die Bühne verlassen hat, werden die „Stars“ der Konferenz kurz vorgestellt: die EU Projekte STIFF-FLOP (Prof. Kaspar Althoefer), CASCADE (Dr. Emmanuel Vander Poorten), µRalp (microRalp; Dr. Leonardo de Mattos) und ReMeDi (Prof. Angelika Peer). In der anschließenden Kaffeepause im Nachbarsaal ist es darüber hinaus allen Teilnehmern möglich, diese an eigenen Ständen in Experimentaufbauten zu begutachten. Dabei ist der Raum überaus gut besucht, so dass es sich leider etwas schwierig gestaltet, einen guten Blick auf die einzelnen Projekte zu werfen, doch der Versuch lohnt sich. Da der Andrang am Kaffeestand aus diesem Grund allerdings recht gering ist, mache ich auf dem Weg zu den einzelnen Ständen natürlich erst noch einen Schlenker.

Ausstellungsraum: ReMeDi

Präsentationsstand des EU Projektes ReMeDi © roboterwelt.de

Die weitere Veranstaltung gliedert sich nun in drei Themenbereiche: die klinische, die akademische und die industrielle Perspektive (die ich leider nicht mehr mitverfolgen konnte), zu denen verschiedene Sprecher in einem vorgesehenen Zeitrahmen von jeweils ca. 20 Minuten über den Einsatz von Robotik in spezifischen Bereichen der Chirurgie referieren. Natürlich ist das mit der Zeit immer so eine Sache, ganz besonders wenn so umfangreiches Wissen und Expertise aus Notwendigkeit im Rahmen fester Zeitpläne eingespannt ist. Zu meiner eigenen Überraschung stört es mich allerdings kein bisschen, da ich 1. einen ungeheuer abwechslungsreichen Input bekomme, von dem ich zugegebenermaßen aufgrund der nicht vorhandenen Wissensgrundlagen im Bereich Chirurgie nicht immer alles zu 100% verstehe, aber der zu keiner Zeit Langeweile hervorruft, und weil es 2. faszinierend ist, zu beobachten, wie passioniert Menschen über Themen sprechen, die Ihnen am Herzen liegen.

Prof. Guang-Zhong Yang

Prof. Guang-Zhong Yang zum Thema „Surgical Robots – from whole body systems to hand-held manipulators“ © roboterwelt.de

Ich bin insgesamt an diesem Tag beinahe sieben Stunden auf der Konferenz, bevor ich gehen muss. Was ich soweit sagen kann, ist, dass es für mich eine absolut informative und interessante Erfahrung war, aber vor allem machte das Forum einen wirklich sympathischen Eindruck. Anfänglich war ich vom Rahmen der Veranstaltung nicht unbedingt eingeschüchtert, aber ich hatte meinen Respekt davor. Es kommt schließlich nicht allzu oft vor, dass ich mit angesehenen Professoren und EU Sachverständigen in Kontakt trete. Meinen Respekt habe ich in der Zwischenzeit natürlich nicht verloren, aber er hat sich von Unsicherheit zu einer Art Stolz entwickelt, dabei gewesen sein zu dürfen, vor allem, weil das gesamte persönliche Umfeld und der Umgang untereinander so angenehm waren. Nicht zu vergessen der Einblick in Themenbereiche, die ich unter normalen Umständen gar nicht kennengelernt hätte.

Vielen Dank also noch einmal an Dr. Helge A. Würdemann und Prof. Kaspar Althoefer für die sehr freundliche Aufnahme, die Organisation und das Interview, ebenso wie an Dr. Ulrich Seibold vom DLR sowie Prof. Angelika Peer und Dr. Bartlomiej Stanczyk (ReMeDi), die ich ebenfalls interviewen durfte.