Automatisieren mit Cobots: So gelingt der Einstieg unter 5000 €
von Roboterwelt Redaktion 29. Juli 2025
Ein kollaborativer Roboter wie der Ned3 Pro verspricht industrielle Automatisierung im kompakten Format – und das ohne hohe Anfangsinvestitionen. Doch wie viel leistet ein Cobot dieser Preisklasse tatsächlich? Was ist technisch und wirtschaftlich realistisch? Und wo liegen die Grenzen? Eine fundierte Analyse zwischen Machbarkeit und Mehrwert.
Kollaborative Robotik: Effizienz in greifbarer Nähe
Wo klassische Industrieroboter teure Spezialisten mit Sicherheitsabständen sind, arbeiten Cobots Seite an Seite mit Menschen. Sensorik, Kraftmessung und Software sorgen dafür, dass sich Mensch und Maschine nicht mehr im Weg stehen. Der ISO-Standard 10218 und die technische Spezifikation ISO/TS 15066 definieren Sicherheitsvorgaben, auf die Hersteller wie Niryo mit dem Ned3 Pro reagieren. Für kleinere Fertigungen, Labore oder Schulungsumgebungen erschließen Cobots damit ein Automatisierungspotenzial, das bisher Großserienproduzenten vorbehalten war.
Besonders interessant ist die niedrige Einstiegshürde: weder Sicherheitszäune noch komplexe SPS-Integration sind erforderlich. Statt aufwändiger Programmierung setzen viele Cobots auf visuelle Oberflächen oder Open-Source-Schnittstellen.
Technisches Profil des Ned3 Pro
Der Ned3 Pro von Niryo bringt Leichtbaurobotik auf den Schreibtisch. Der kompakte Sechsachsarm ist als kollaboratives System konzipiert und bietet praxisrelevante Funktionen bei überschaubarem Budget:
Eigenschaft | Ned3 Pro |
---|---|
Achsen | 6 |
Nutzlast | bis zu 300 g |
Wiederholgenauigkeit | ±0.5 mm |
Steuerung | Blockly, ROS 2, API |
Endeffektoren | elektrisch, pneumatisch, vakuum |
Kamera | integriert (Farb- & Objekterkennung) |
Preisrange | ca. 3.000 bis 5.000 € |
Ziel ist nicht die Komplettautomatisierung ganzer Fertigungslinien, sondern das Bearbeiten definierter Teilschritte – beispielsweise visuelle Kontrolle oder Kommissionierung. Als ROS-2-kompatibles System ist das Gerät zudem vollständig in moderne Entwicklungsumgebungen integrierbar.
Typische Einsatzszenarien
Wo sich Prozesse mehrfach täglich wiederholen und manuelle Tätigkeiten nur begrenzten Mehrwert liefern, lassen sich mit einfachen Automatisierungen messbare Effizienzgewinne erzielen. Der Ned3 Pro ist besonders prädestiniert für:
Pick-and-Place-Aufgaben in Kleinteilmontage
Farb- oder Formerkennung für einfache Qualitätskontrollen
Lehraufgaben in Ausbildung und Forschung
Unterstützung bei Prototypenbau oder „Low-Volume“-Fertigung
Solche Anwendungen benötigen kein hohes Tempo, sondern zuverlässige Wiederholbarkeit. Studien belegen eine Steigerung der Prozessstabilität und Produktivität um bis zu 50 Prozent – vorausgesetzt, die Robotiklösung wird gezielt in den richtigen Arbeitsablauf integriert.
Wirtschaftliche Perspektive: Automatisieren im Budgetrahmen
Im Vergleich zu industriellen Cobots, die häufig Investitionen im mittleren fünfstelligen Bereich erfordern, bietet der Ned3 Pro eine interessante Alternative. Die Gesamtkosten über einen typischen Nutzungshorizont (Total Cost of Ownership) lassen sich wie folgt strukturieren:
Kostenfaktoren (TCO):
Anschaffung: 3.000 bis 5.000 Euro
Einrichtung: minimaler Aufwand (visuelle Programmierung)
Betriebskosten: geringer Energiebedarf, kaum Verschleißteile
Wartung: weitgehend eigenständig möglich
Vorteile bei der Amortisation:
Kurze ROI-Zeiten (teils unter 12 Monaten)
Geringes Investitionsrisiko bei überschaubarem Nutzungskonzept
Ideal für Proof-of-Concept oder Pilotszenarien
Damit ist der Ned3 Pro kein Ersatz für Schwergewichtssysteme, sondern ein Werkzeug zur pragmatischen, skalierbaren Einführung von Automatisierung.
Grenzen: Was der Cobot (noch) nicht leisten kann
So attraktiv das System auf den ersten Blick erscheint, sollte der Nutzwert individuell hinterfragt werden. Die Grenzen des Ned3 Pro sind klar umrissen:
Maximale Nutzlast: 300 g
Keine industrielle IP-Schutzklasse
Keine 24/7-Eignung
Eingeschränkte Integration in klassische Betriebsleitsysteme
Für Aufgaben mit Vibration, hoher Dynamik oder staubiger Umgebung ist das System nicht konzipiert. Auch die Kopplung mit komplexen ERP- oder MES-Systemen erfordert zusätzliche Entwicklungsressourcen.
Marktüberblick: Positionierung im Wettbewerbsfeld
Im Umfeld preiswerter Lehr- und Desktop-Cobots konkurriert der Ned3 Pro mit:
Dobot Magician Lite (vergleichbare Nutzlast, Fokus auf Bildungsvermittlung)
uArm Swift Pro (stärker auf Maker-Community ausgerichtet)
Franka Emika Panda (höherwertiges Forschungssystem, preislich deutlich darüber)
Ned3 Pro hebt sich durch folgende Merkmale hervor:
vollständige ROS-2-Integration und Open-Source-Fokus
modulare Endeffektoren mit praktischer Erweiterbarkeit
starke Community und Entwicklerunterstützung
Für viele Teams kann der Cobot als kompatibler Testbaustein in bestehende digitale Ökosysteme integriert werden – mit überschaubarem Anpassungsaufwand.
Ausblick: Demokratisierung industrieller Automatisierung
Initiativen wie „Low-Cost-Robotik“ (Bley et al., 2022) zeigen, dass smarte Automatisierung keine Frage millionenschwerer Investitionen mehr ist. Systeme wie der Ned3 Pro liefern dafür das notwendige Toolkit – als Türöffner in kleinstrukturierte Produktionswelten und Lernumgebungen.
Zentrales Potenzial liegt darin, Mitarbeiter und Prozesse behutsam an die robotergestützte Unterstützung heranzuführen. Für forschungsnahe Teams kann der Roboter zudem als validierbare Plattform für Prototyping, Softwaretests oder Lehrzwecke dienen – mit hohem didaktischen Nutzen und voller modularer Erweiterbarkeit.
Fazit: Automatisieren, wo es Sinn ergibt
Der Ned3 Pro zeigt, dass nutzbringende Automatisierung auch unter Realbedingungen und bei begrenztem Budget möglich ist. Das System bricht keine Geschwindigkeitsrekorde und ersetzt kein vollwertiges Industriehandling. Aber es automatisiert sinnvoll, skalierbar und lehrreich.
Mit einer klug gewählten Aufgabenstellung, gezieltem Personaleinsatz und definierten Zielen lassen sich Investitionen oft schneller amortisieren als erwartet. Damit wird der Cobot zu einem strategischen Werkzeug – und zum Einstiegspunkt auf dem Weg zur digitalen Produktion.
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Niedriges Risiko, hoher Nutzen: Der Niryo Ned3 Pro bietet kleinen Produktionsumgebungen und Entwicklungsbereichen eine realistische Möglichkeit, einfache Automatisierungsaufgaben wirtschaftlich umzusetzen. Sein Funktionsumfang, gepaart mit einfacher Programmierung und günstiger Anschaffung, macht ihn zu einer interessanten Plattform für Machbarkeitsstudien, Bildungszwecke und erste produktive Einsätze. Die Einsatzgrenzen sind dabei klar definiert – doch innerhalb dieses Rahmens eröffnet der Cobot echte Effizienzgewinne.
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Roboterwelt Redaktion