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Wie Künstliche Intelligenz Exoskelette intelligenter und anpassungsfähiger macht

von Roboterwelt Redaktion 18. September 2025
Wie Künstliche Intelligenz Exoskelette intelligenter und anpassungsfähiger macht

Künstliche Intelligenz verändert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine grundlegend – auch bei tragbaren Exoskeletten. Durch adaptive Algorithmen, Sensorfusion und lernfähige Steuerungssysteme wird die Bewegungsunterstützung nicht nur effizienter, sondern auch individuell anpassbar. Ein Blick auf aktuelle Forschung, technologische Fortschritte und die Herausforderungen intelligenter Assistenzsysteme. 

Neue Bewegungsfreiheit durch smarte Exoskelette

Exoskelette entlasten, stützen und helfen Menschen, ihre Mobilität zu verbessern. In Medizin und Rehabilitation eingesetzt, fördern sie die Genesung. In der Industrie verhindern sie Überlastung und muskuläre Ermüdung. Doch viele Systeme arbeiten noch mit vorprogrammierten Bewegungsmustern und stoßen bei individuellen Bedürfnissen oder wechselnden Umgebungen an ihre Grenzen. 

Künstliche Intelligenz verändert dieses Bild. Sie macht Exoskelette lernfähig, adaptiv und präzise – in Echtzeit. Fortschritte im Bereich maschinelles Lernen, Sensordatenverarbeitung und Biomechanik ermöglichen eine neue Qualität der Mensch-Maschine-Symbiose. 

Aufbau und Prinzip intelligenter Exoskelette

Ein modernes Exoskelett besteht typischerweise aus mehreren Komponenten: 

  • Mechanische Gelenkstrukturen mit elektrischen oder pneumatischen Antrieben 

  • Sensorarrays zur Erfassung von Bewegungen, Muskelaktivität (EMG), Kräften sowie Umgebungsinformationen 

  • Steuerungseinheiten mit eingebetteter Elektronik und Echtzeitfähigkeit 

  • Algorithmen zur Analyse, Modellierung und Regelung der Unterstützung 

Durch die Integration von KI sind diese Komponenten nicht mehr starr verbunden, sondern durch adaptive Feedback-Loops intelligent vernetzt. Der Vorteil: Das System erkennt Zustände, interpretiert Absichten und reagiert vorausschauend. 

Fortschrittliche Steuerung dank Machine Learning

Aktuelle Forschung zeigt, wie tief lernende Netzwerke Bewegungsabsichten zuverlässig erkennen. Studien der University of Waterloo demonstrieren, wie Reinforcement Learning und Deep Learning dazu beitragen, Gangphasen frühzeitig vorherzusagen. Die sogenannte "Intent Detection" macht es möglich, dass Exoskelette wissen, ob der Benutzer sitzen, aufstehen, gehen oder stoppen will. 

Drei innovative Systeme im Überblick: 

SystemTechnologieAnwendung
MyoSuit (MyoSwiss)Sensorfusion + adaptives LernenMobilitätstraining, Gehhilfe
Walking Assist (Honda)Neuronale NetzwerkeGangrehabilitation nach Verletzungen
ReWalk RoboticsPrädiktive Steuerung, TransferlernenUnterstützung bei Mobilitätsdefiziten

Diese Systeme adaptieren sich kontinuierlich und verbessern damit Komfort, Sicherheit und Effizienz für die Nutzenden. 

Lernende Systeme: So entsteht Personal Assist

Künstlich intelligente Exoskelette lernen mit jedem Schritt. Durch „Shared Control“ teilen sich Mensch und Maschine die Steuerung. Bewegungsvorgaben können flexibel angepasst werden – das System bleibt unterstützend, ohne Bevormundung. 

Wichtige Konzepte: 

  • Human-in-the-loop-Learning: Exoskelette passen sich durch Feedback des Trägers iterativ an. 

  • Transfer Learning: Trainierte Modelle können zwischen Nutzenden übertragen werden. 

  • Adaptive Regelparameter: Die Unterstützung verändert sich bei Erschöpfung, Fortschritt oder neuen Bewegungsmustern. 

Diese adaptiven Systeme sind insbesondere in der Langzeitrehabilitation oder bei individuellen Bewegungseinschränkungen ein enormer Gewinn. 

KI trifft auf Sensorfusion: Viel Input, bessere Entscheidungen

Zuverlässige Assistenz setzt auf Datenvielfalt. Moderne Exoskelette verarbeiten multimodale Signale aus mehreren Quellen, darunter: 

  • Elektromyographie (EMG): Muskelaktivität 

  • Inertialsensoren (IMUs): Lage und Beschleunigung 

  • Kraftsensoren: Lastmessung an Gelenken 

  • EEG: Muskel-vorbereitende Aktivität im Gehirn 

  • Kameras: Umgebungserkennung und Hinderniserfassung 

Die größte Herausforderung: Diese heterogenen Daten müssen in Echtzeit und energiesparend ausgewertet werden. Hier kommen TinyML und Edge-AI zum Einsatz – maschinelles Lernen direkt am Gerät. 

Kombinierte Vorteile durch Sensorfusion: 

  • Robustere Vorhersagen bei unvollständigen Daten 

  • Bessere Reaktion auf unerwartete Situationen 

  • Umgebungssensitivität bei wechselnden Einsatzbedingungen 

Mit Computer Vision verknüpft, erkennen intelligente Exoskelette sogar Stufen oder unebenen Boden und passen die Bewegungsstrategie automatisch an. 

Wissenschaftliche Evidenz: Was Studien belegen

Forschungsteams weltweit liefern überzeugende Ergebnisse: 

  • Zhang et al. (2023): 17 % effizienteres Gangbild bei Schlaganfallpatienten durch EMG-basierte KI-Assistenz 

  • Stanford University (2024): Reaktionszeit bei Multiple Sklerose-Patienten um 25 % verbessert 

  • MIT Biomechatronics Group (2022): Industrielle Helfersysteme mit Reinforcement Learning steigern Ausdauer und verringern Belastungen signifikant 

Diese Ergebnisse zeigen, dass KI nicht nur Theorie bleibt, sondern spürbaren Mehrwert im Alltag liefert – therapeutisch wie ergonomisch. 

Grenzen und Herausforderungen intelligenter Systeme

Trotz beeindruckender Fortschritte gelten für medizinische und industrielle Anwendungen hohe Anforderungen. Wichtige Limitierungen sind: 

  • Erklärbarkeit: Black-Box-Modelle sind schwer nachvollziehbar, was die Zulassung bremst 

  • Sicherheit: Bewegungsentscheidungen müssen verlässlich und normkonform sein 

  • Rechenleistung: Edge-AI ist noch nicht in allen Anwendungen realzeitfähig 

  • Datenschutz: Die Verarbeitung sensibler Biosignale muss DSGVO-konform erfolgen 

  • Modularität: Physiologische Unterschiede zwischen Nutzerinnen und Nutzern erfordern hochgradige Personalisierbarkeit 

Ein Lösungsweg liegt in hybriden Systemen: Kombination aus klassischen Reglern und dynamischen Lernverfahren erhöhen die Zuverlässigkeit. 

Ausblick: Der Weg zu kognitiven Assistenzsystemen

Was heute unter „intelligent“ läuft, ist erst der Anfang. Die Vision intelligenter Exoskelette reicht weit über die aktuelle Adaptive Control hinaus. Künftige Entwicklungen könnten beinhalten: 

  • Brain-Machine Interfaces zur direkten Steuerung durch Hirnsignale 

  • Emotionserkennung zur Berücksichtigung von Motivation, Stress oder Schmerz 

  • AR-Feedbacksysteme für Patienten, Therapeutinnen und Techniker 

  • Cloud-Robotik für globales Modelltraining und OTA-Updates 

Ziel ist die Entstehung „symbiotischer Systeme“. Der Mensch trifft Entscheidungen, die Maschine verstärkt, korrigiert oder entlastet – ohne zu dominieren. 

Fazit: Mehr als mechanische Hilfe – Smarte Mobilitätslösungen der Zukunft

Exoskelette entwickeln sich von starren Unterstützungsapparaten zu intelligenten, lernfähigen Assistenten. Künstliche Intelligenz spielt dabei die Schlüsselrolle: Sie ermöglicht präzise, adaptive Bewegungsunterstützung in Echtzeit. 

Besonders in der orthopädischen Rehabilitation, neurologischen Versorgung, altersgerechten Assistenz sowie im ergonomischen Arbeitsalltag eröffnen sich neue Möglichkeiten. Gleichwohl stehen Normierung, Sicherheit und Transparenz im Mittelpunkt, um das Vertrauen in diese Technologien dauerhaft zu stärken. 

Die Richtung ist klar: KI macht Exoskelette nicht nur nutzbarer – sie macht sie menschlicher. 

Zusammenfassung
  • Glühbirne

    Künstliche Intelligenz hebt Exoskelette auf ein neues Niveau der Bewegungsunterstützung. Durch lernfähige Algorithmen, Sensorfusion und adaptive Regelung passen sich die Systeme kontinuierlich an individuelle Nutzende und unterschiedlichste Umgebungen an. Studien belegen signifikante Verbesserungen in Effizienz, Komfort und Kontrolle. Trotz technischer Herausforderungen besteht großes Potenzial, Exoskelette künftig als intelligente Werkzeuge in Therapie, Pflege und Industrie zu etablieren. 

Autoren
  • Roboterwelt Redaktion Roboterwelt Redaktion